„Der Staat muss die Wirtschaft wieder richtig wirtschaften lassen!“ So brachte DIHK-Präsident Peter Adrian die aktuelle Stimmung in der regionalen Unternehmerschaft auf den Punkt. Über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Politik, Verwaltungen, Institutionen, Verbänden und Wirtschaft waren der Einladung von IHK und VTU ins Tagungszentrum der Kammer gefolgt.
Eigentlich war geplant, mit dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer die Zukunftsaussichten des Wirtschaftsstandorts Rheinland-Pfalz zu erörtern. Da dieser jedoch kurzfristig zu den sich dem Abschluss nähernden Koalitionsverhandlungen nach Berlin eilen musste, sprang Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt spontan in die Bresche. Dass sich die Diskussion dann auch den nationalen und globalen Entwicklungen öffnete, ergab sich geradezu zwangsläufig aus der Dynamik der Ereignisse.
IHK-Präsident Thomas Stiren: Effizient investieren
„Die beschlossenen Schuldenpakete übertreffen alles bis dahin Diskutierte. Die Gelder müssen effizient investiert werden, so dass sie eine gesamtwirtschaftliche Rendite abwerfen, die die entstehende Zinsbelastung übersteigt“, forderte IHK-Präsident Thomas Stiren. Damit dies gelingen könne, seien Strukturreformen nötig, wie die Beschleunigung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, der Abbau bürokratischer Regulierungen sowie eine ambitionierte Unternehmenssteuerreform.
Stiren gab zentrale Fragestellungen für die Diskussion mit der Wirtschaftsministerin vor: Wie lässt sich in Rheinland-Pfalz das Bürokratiedickicht lichten? Wie lassen sich mehr Gewerbeflächen ausweisen? Was muss getan werden, um das Bildungssystem zu verbessern? Mit welchen Mitteln kann die krisengeschüttelte Industrie unterstützt werden? Was bedeuten die geplanten 15 Euro Mindestlohn für die Arbeitskostenbelastung im Mittelstand?
Moderator Markus Appelmann griff die Impulse auf: „Es vergeht kaum ein Tag ohne Hiobsbotschaften im Bereich der Wirtschaft. Es drohen das dritte Rezessionsjahr in Folge und eine fortschreitende Deindustrialisierung. Was ist zu tun?“
Ministerin: Runter mit Steuern und Energiepreisen
Daniela Schmitt identifizierte mit den Forderungen nach einer Senkung von Unternehmenssteuern, Energiepreisen und bürokratischen Belastungen drei zentrale wirtschaftspolitische Reformfelder, die auch in der Unternehmerschaft breite Unterstützung finden. So wie Adrian und Stiren will auch sie die Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur durch Maßnahmenpriorisierung, Strukturreformen und Sparanstrengungen flankiert wissen.
„Die Landesregierung unterstützt die Unternehmen bei der Diversifizierung ihrer Absatz- und Beschaffungsmärkte angesichts neuer globaler Herausforderungen. Sie setzt Impulse durch die Stärkung der Innovationslandschaft sowie der Startup-Szene. Und wir wollen durch die Zentralisierung von Genehmigungsverfahren zu mehr Tempo kommen“, sagte Schmitt. Zum Abschluss ihres Impulsvortrags bekannte sich die Ministerin dazu, Rheinland-Pfalz als starkes Industrieland erhalten zu wollen.
Diskussion über die richtige Wirtschaftspolitik
In der Diskussionsrunde ging es um die besten Rezepte zur Linderung der strukturell bedingten wirtschaftlichen Misere. Neben Peter Adrian brachten Caroline Weis (Unternehmerin, Hotel Weingut Weis in Mertesdorf), Frank Natus (VTU-Vorsitzender und Industrieunternehmer) und Dr. Christian Sprenger (Geschäftsführer Klinikum Mutterhaus Trier) ihre Sicht der Dinge vor.
Für Caroline Weis stellt die Fachkräftesicherung die zentrale betriebliche Herausforderung dar: „Wir beschäftigen 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus elf Nationen. Die Rekrutierung von Beschäftigten aus dem Ausland ist für unser Unternehmen sehr wichtig. Leider werden trotz möglicher digitaler Prozesse dabei immer noch analoge Papiere angefordert.“
Beschleunigung von Genehmigungsprozessen
Für Dr. Christian Sprenger stellen bürokratische Belastungen im Gesundheitssektor ebenfalls ein drückendes Problem dar. Datenschutzvorgaben würden effiziente Informationsübermittlung behindern. Die Potenziale der Telemedizin müssten insbesondere zur Versorgung des ländlichen Bereichs ohne überbordende Regulierung genutzt werden können. Gerade im ländlichen Raum müsse es mehr Pilotprojekte jenseits der üblichen Regularien geben, um dessen angemessene Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen sicherzustellen.
Für Frank Natus bedarf es grundlegender Strukturreformen, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu sichern. Dies betreffe unter anderem den Bürokratieabbau, die Beschleunigung von Genehmigungsprozessen sowie die Senkung der Steuerlast und Energiepreise.
Peter Adrian verweist darauf, dass die Bedeutung des wirtschaftlichen Wohlstands für die gesellschaftliche Entwicklung nicht ausreichend gewürdigt werde und jeder einzelne stärker in die Verantwortung genommen werden solle.
Auch Ministerin Daniela Schmitt plädiert für eine Stärkung von Leistungsorientierung und individuellem Verantwortungsbewusstsein: „Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist schlecht; der Turnaround muss sofort auf den Weg gebracht werden.“ Darauf hofft die Unternehmerschaft.
Standortpolitik
Dr. Matthias Schmitt
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