01.05.2010
Unternehmerische Verantwortung
Dieser Text ist vom 01.05.2010 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Gefragte Tugenden: Integrität, Anteilnahme und Verlässlichkeit
Der Ruf nach Verantwortung ist wieder lauter geworden. Die IHK-Redaktion fragte Professor Dr. Josef Wieland vom Konstanzer Institut für Wertemanagement zu Aspekten des gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen.
Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen hat in Deutschland Tradition. Als Synonym für verantwortliches Handeln steht das Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns. Welche Tugenden charakterisieren ihn?
Wieland: Das Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns hat in der Tat eine sehr lange Tradition, übrigens nicht nur in Deutschland. Die Tugenden, die heute von Führungskräften der Wirtschaft mit Blick auf ihr gesellschaftliches Engagement erwartet werden, sind vor allem Integrität, Aufrichtigkeit, Anteilnahme, Verlässlichkeit und Verantwortungsbereitschaft. Dies gilt im Übrigen nicht nur für das gesellschaftliche, sondern auch für das wirtschaftliche Engagement.
Seit zirka zehn Jahren ist in Europa auch von Corporate Social Responsibility (CSR) die Rede. Ist der Begriff alter Wein in neuen Schläuchen?
Wieland: Nein, das denke ich ganz und gar nicht. Denn bei CSR geht es nicht nur um die seit langem institutionalisierte soziale Verantwortung von Unternehmen in einem bestimmten Land oder in Europa, sondern vor allem um das freiwillige und an moralischen Werten orientierte Engagement für Menschenrechte, ökologische Nachhaltigkeit, Sozialstandards, Faire Geschäftspraktiken und Integrität entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Das heißt, hier gibt es thematische Vorgaben, die weit über das Thema soziale Verantwortung hinausreichen. Es geht auch nicht mehr allein um Sozialpartnerschaft, sondern um den Dialog mit allen Stakeholdern eines Unternehmens. CSR ist daher eng gekoppelt an das Geschäfts- und Managementmodell eines Unternehmens und sollte sich ebenfalls spezifisch aus dessen Geschichte, Rechtsform und Größe ergeben. Letztlich geht es um die Rolle der Unternehmen in der modernen Gesellschaft.
Wieland: Tue Gutes und rede nicht darüber ist sicherlich eine ehrbare und angemessene Haltung, wenn es sich um karitative oder philanthropische Aktivitäten eines Unternehmens oder eines Unternehmers handelt. Aber das ist nicht CSR. Hier geht es immer auch um die gute Reputation eines Unternehmens, um seine Markennamen und in mancher Hinsicht auch um Risikomanagement. Hier wäre etwa an politische oder Verhaltensrisiken zu denken. Das aber sind Zielsetzungen, die ohne Kommunikation nicht zu haben sind. Ich vermute daher, dass die von Ihnen angesprochene Zurückhaltung auf ein Missverständnis zurückzuführen ist.
Wieland: Es gibt keinen direkten und kausalen Zusammenhang von gesellschaftlichem Engagement und wirtschaftlichem Erfolg. Ich habe aber bereits das Reputations- und Risikomanagement angesprochen. Hinzu kommen jedoch auch Gesichtspunkte wie die Attraktivität als Arbeitsgeber, Kundenbindung und für manche Branchen eben auch die Wahrnehmung und Einschätzung durch die Finanzmärkte. Hier lassen sich Vorteile nachweisen, die für Unternehmen nicht unwesentlich sind.
Wieland: Das wird es wohl gelegentlich auch gegeben haben. Stichwort: Gier. Aber man sollte auch realisieren, dass viele Hedgefonds ausgeprägte CSR-Programme hatten oder noch haben. Mit Blick auf die Finanzmarktkrise glaube ich daher, dass diese hauptsächlich das Produkt von falschen finanziellen Anreizen, Risikoverschleierung und einem weitgehend fehlenden und durchsetzbaren globalen Ordnungsrahmen ist.
Wieland: Im Wesentlichen geht es bei dieser Initiative darum, die Sichtbarkeit des Themas CSR in Deutschland durch Dokumentation und Koordinierung zu erhöhen. Es sollen aber auch wichtige und aussichtsreiche neue Handlungsfelder für diesen Bereich markiert und initiiert werden. Schließlich gilt es auch, noch einmal über eine möglicherweise veränderte Rolle der Politik in diesem Feld nachzudenken. Denn wenn CSR freiwillig, in dem Sinne einer nicht erwünschten gesetzlichen oder staatlichen Regulierung ist, aber zugleich die politische Verfasstheit einer Gesellschaft berührt, dann stellt sich diese Frage.
Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen hat in Deutschland Tradition. Als Synonym für verantwortliches Handeln steht das Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns. Welche Tugenden charakterisieren ihn?
Seit zirka zehn Jahren ist in Europa auch von Corporate Social Responsibility (CSR) die Rede. Ist der Begriff alter Wein in neuen Schläuchen?
Wieland: Nein, das denke ich ganz und gar nicht. Denn bei CSR geht es nicht nur um die seit langem institutionalisierte soziale Verantwortung von Unternehmen in einem bestimmten Land oder in Europa, sondern vor allem um das freiwillige und an moralischen Werten orientierte Engagement für Menschenrechte, ökologische Nachhaltigkeit, Sozialstandards, Faire Geschäftspraktiken und Integrität entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Das heißt, hier gibt es thematische Vorgaben, die weit über das Thema soziale Verantwortung hinausreichen. Es geht auch nicht mehr allein um Sozialpartnerschaft, sondern um den Dialog mit allen Stakeholdern eines Unternehmens. CSR ist daher eng gekoppelt an das Geschäfts- und Managementmodell eines Unternehmens und sollte sich ebenfalls spezifisch aus dessen Geschichte, Rechtsform und Größe ergeben. Letztlich geht es um die Rolle der Unternehmen in der modernen Gesellschaft.
Viele Unternehmen engagieren sich und reden nicht darüber. Woher rührt diese Zurückhaltung?
Wieland: Tue Gutes und rede nicht darüber ist sicherlich eine ehrbare und angemessene Haltung, wenn es sich um karitative oder philanthropische Aktivitäten eines Unternehmens oder eines Unternehmers handelt. Aber das ist nicht CSR. Hier geht es immer auch um die gute Reputation eines Unternehmens, um seine Markennamen und in mancher Hinsicht auch um Risikomanagement. Hier wäre etwa an politische oder Verhaltensrisiken zu denken. Das aber sind Zielsetzungen, die ohne Kommunikation nicht zu haben sind. Ich vermute daher, dass die von Ihnen angesprochene Zurückhaltung auf ein Missverständnis zurückzuführen ist.
Gibt es betriebswirtschaftliche Vorteile für Unternehmen, wenn sie CSR praktizieren?
Wieland: Es gibt keinen direkten und kausalen Zusammenhang von gesellschaftlichem Engagement und wirtschaftlichem Erfolg. Ich habe aber bereits das Reputations- und Risikomanagement angesprochen. Hinzu kommen jedoch auch Gesichtspunkte wie die Attraktivität als Arbeitsgeber, Kundenbindung und für manche Branchen eben auch die Wahrnehmung und Einschätzung durch die Finanzmärkte. Hier lassen sich Vorteile nachweisen, die für Unternehmen nicht unwesentlich sind.
Stichwort Finanzmarktkrise: Ist die Ethik in den Chefetagen zu kurz gekommen?
Wieland: Das wird es wohl gelegentlich auch gegeben haben. Stichwort: Gier. Aber man sollte auch realisieren, dass viele Hedgefonds ausgeprägte CSR-Programme hatten oder noch haben. Mit Blick auf die Finanzmarktkrise glaube ich daher, dass diese hauptsächlich das Produkt von falschen finanziellen Anreizen, Risikoverschleierung und einem weitgehend fehlenden und durchsetzbaren globalen Ordnungsrahmen ist.
40 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften und NGOs sitzen in Berlin an einem Tisch und erarbeiten für die Bundesregierung eine Empfehlung für eine CSR-Strategie. Warum ist die nötig?
Wieland: Im Wesentlichen geht es bei dieser Initiative darum, die Sichtbarkeit des Themas CSR in Deutschland durch Dokumentation und Koordinierung zu erhöhen. Es sollen aber auch wichtige und aussichtsreiche neue Handlungsfelder für diesen Bereich markiert und initiiert werden. Schließlich gilt es auch, noch einmal über eine möglicherweise veränderte Rolle der Politik in diesem Feld nachzudenken. Denn wenn CSR freiwillig, in dem Sinne einer nicht erwünschten gesetzlichen oder staatlichen Regulierung ist, aber zugleich die politische Verfasstheit einer Gesellschaft berührt, dann stellt sich diese Frage.