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01.09.2005

„Mein Team bewegt mehr als der stärkste Kran“


Dieser Text ist vom 01.09.2005 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Birgit Steil ist Geschäftsführerin der Steil Kranarbeiten GmbH & Co. KG: Sie setzt auf flache Hierarchien und das Prinzip der offenen Tür

Sie ist gertenschlank, ihre Gesichtszüge sind weich, die Bewegungen geschmeidig. Kaum zu glauben, dass diese Frau es Tag für Tag mit riesigen „Kraftpaketen“ zu tun hat, die schwerste Lasten in Schwindel erregende Höhen hieven, als sei es nichts. Doch der erste Eindruck täuscht. Im Gespräch wird rasch deutlich: Birgit Steil ist eine Powerfrau, die die Steil Kranarbeiten GmbH & Co. KG mit Sitz in der Eltzstraße nahe des Trierer Hafens couragiert führt. Sie schwärmt von ihrer Tätigkeit: „Ich möchte nichts Anderes tun. Ich bin sehr gerne Unternehmerin.“ Natürlich: In ihrem Metier gehe es um reine Kraft und Größe, ungeheure Massen würden bewegt und gestemmt; die Branche sei eine klassische Männerdomäne. Doch, genau dort fühlt sich Birgit Steil in ihrem Element. Sie ist in Deutschland die einzige Frau, die in der Branche ein Unternehmen dieser Größenordnung leitet. „Warum auch nicht?“, fragt sie und verweist lachend auf den Slogan im Unternehmensprofil: „Unser stärkster Muskel ist der Kopf“.

KRANE ERKENNT SIE AM MOTORENGERÄUSCH
Und wer einen Blick auf die Vita der heute 45-Jährigen wirft, spätestens dem wird klar: Die Übernahme der Geschäftsleitung ist fast schon logische Konsequenz. Die Firma Steil gibt es seit 1924, viele Jahre führten ihr Vater und seine Brüder die Regiefäden. „Steil Kranarbeiten“ hatte das Domizil in der Trierer Loebstraße, wo auch die Familie Steil wohnte. „Ich habe den Betrieb folglich schon als Kind gut gekannt“, erzählt Steil. Eine prägende Zeit. Mit Puppen spielte das Mädchen „eher weniger“, umso eifriger wurde „rumgeschraubt“. Und über die Theke des Kaufladens der Kinder gingen statt Spielzeug-Waren Vergaser und Maschinenteile. „Ich konnte schon früh unsere Krane nach ihrem Motorengeräusch differenzieren“, so die heutige Chefin.
So kam, was kommen musste. Als 1989 über die Zukunft von Steil Kranarbeiten diskutiert wurde, sagte ein Onkel: „Das kannst eigentlich nur du machen.“ Zwar hatte die junge Frau gerade das zweite Staatsexamen in Jura gemacht, doch sie kaufte Vater und Brüdern das Unternehmen ab. „Ich habe mich somit zunächst hoch verschuldet, doch ich wusste ja, wofür“, sagt sie. Als Juristin sei sie nicht unbedingt prädestiniert gewesen für diese Aufgabe, gleichwohl: „Es stand für mich schon vorher fest, mich in die Wirtschaft zu orientieren.“

JURA-STUDIUM KEIN NACHTEIL
Kaufmännisch habe sie sich privat weitergebildet, dennoch habe ihr auch das Jurastudium nötiges Rüstzeug gegeben: logisches Denken etwa oder aber die Fähigkeit, Sachverhalte beurteilen und einordnen zu können.
Unterstützung fand sie in der Familie, und der Vater erscheint noch jeden Tag pünktlich zur Arbeit. „Er ist schon 78 Jahre alt, doch er schweißt, kümmert sich um das Equipment und nimmt Spezialarbeiten in Angriff. Das ist einfach toll“, freut sich Birgit Steil.
Die Geschäftsleitung überlässt er aber komplett seiner Tochter. So hat die Unternehmerin seit 1989 das Unternehmen sukzessive ausgebaut.

EINE VORLIEBE FÜR „SCHWERE JUNGS“ UND GUTE STEIL-LAGEN
Bei der Übernahme hatte die Firma 13 Krane und 18 Mitarbeiter. Heute sind es über 50 Krane, 80 Mitarbeiter (52 davon allein am 20 000 Quadratmeter großen Standort in der Eltzstraße). „Unser kompletter Fuhrpark besteht derzeit aus über 200 zugelassenen Fahrzeugen“, so Steil. Neben Trier gibt es weitere Standorte in Bous und Wittlich, eine Dépendance in Luxemburg, und ganz aktuell streckt die Firma Steil ihre Fühler nach Frankreich aus. Die Einsatzfelder sind vielfältig. Besonders im Blickfeld sind natürlich die Krane mit ihren Auslegern, die wie riesige Greifarme aussehen. Windkraftanlagen stellen, schweres Gerät in die Höhe hieven – für Steil kein Problem. Es gibt Lkw-Ladekrane mit knickbaren Armen ebenso wie den geländegängigen Teleskopkran mit Allradantrieb oder Krane mit einer Reichweite von 192 Metern und Geländegängigkeit, die sogar eine 60-prozentige Steigung im Gelände verkraftet. Neben den Spezialkranarbeiten sind weitere Standbeine die Bereiche „ Industrie- und Firmenumzüge“, „Bergen und Abschleppen“ großer Lkw sowie die Übernahme von Schwertransporten.
So ein Kran, der zum Beispiel für Wartungs- und Montagearbeiten eine Arbeitshöhe von bis zu hundert Metern ermöglicht, ist heutzutage ein hochtechnisches Gerät. Immer wieder müssen gewaltige Summen allein in den Fuhrpark investiert werden. „Das ist sehr kapitalintensiv. Man muss immer den richtigen Riecher haben und zum richtigen Zeitpunkt investieren.“ Doch die Chefin bezeichnet sich als sehr risikofreudig, „weil ich weiß, dass es funktioniert.“ Schlaflose Nächte jedenfalls bereiten ihr die Ausgaben nicht. Sie sei im Laufe der Jahre entscheidungsfreudiger geworden und konsequenter.

EUROPAS GRÖSSTER AUTOKRAN ARBEITET BEI STEIL
Zudem sei man immer behutsam vorgegangen, sei nur gewachsen, wenn man auch das richtige Personal dazu gefunden habe. Natürlich ist Birgit Steil stolz, zum Beispiel Europas stärksten und größten Autokran auf Rädern – einen so genannten Gitterkran – mit einer Tragfähigkeit von 800 Tonnen und einem riesigen Ausleger von 192 Metern einsetzen zu können. Vier Millionen € hat allein er gekostet. Dennoch bringt Birgit Steil nichts von ihrer Überzeugung ab: „Mein stärkstes Kapital sind meine Mitarbeiter.“ Das Team wiege mehr als der stärkste Kran. Das gute Verhältnis zu jedem einzelnen Mitarbeiter ist ihr wichtig. Die Firma sei nicht hierarchisch aufgebaut.

WERTE SIND DER CHEFIN WICHTIG
Jeder könne zu jeder Zeit zu ihr kommen, Investitionsentscheidungen würden immer gemeinsam getroffen. Lediglich eine Entscheidung treffe sie jeweils einsam: „Ich suche die Leute selber aus.“ In der Probezeit allerdings gebe es wiederum Paten im Unternehmen, die dann zuständig sind für die „ Neuen“. Doch Birgit Steil hat offenbar eine gute Menschenkenntnis, die Trefferquote ist extrem hoch. Sie setze auf die guten Ideen der Mitarbeiter, die auch an den Geräten arbeiten. Füreinander da sein, Werte hoch halten, ein gutes Sozialverhalten – das ist für Steil mehr als bloßes Lippenbekenntnis. Ständige Schulungen seien selbstverständlich, eine gute Ausbildung ebenfalls, denn ein noch so hochtechnisierter Kran arbeite nur so gut wie der Mensch, der ihn bedient. Ganz deutlich sei, dass die Beschäftigten sich mit dem Betrieb identifizieren. „Corporate identity“ sei kein Fremdwort. Als Beweis für das gute Klima im Betrieb könne man die geringe Fluktuation nennen, erst jüngst sei die 40-jährige Betriebszugehörigkeit eines Kollegen gefeiert worden. Während Birgit Steil Einblick gibt in das Unternehmen, klingelt in schöner Regelmäßigkeit ihr Telefon. Doch sie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, beantwortet alle Anfragen, gibt Auskünfte, trifft Entscheidungen. Zu Hause in Gusterath ist das nicht anders.

IMMER IM DIENST
„Da kommen zum Beispiel auch nachts Anrufe von der Polizei oder den Pannenhilfsdiensten, wenn es nach einem Unfall gilt, einen Bus oder Lkw zu bergen und abzuschleppen“, erzählt die Chefin. Bleibt da noch Raum für die Familie? „Aber klar“, sagt Steil, ohne zu zögern. Gut sei natürlich, dass ihr Lebensgefährte technischer Leiter im Betrieb ist. „Das macht vieles leichter. Wir harmonieren auch bei der Arbeit.“ Und Zeit für die beiden Söhne – 18 und elf Jahre alt – nehme sie sich sowieso. Steil: „ Ich bin ja als Chefin flexibel in der Zeiteinteilung. Familie und Beruf zu vereinbaren, das macht mir Spaß. Klar, mein Tag beginnt um 5.20 Uhr, aber es ist positiver Stress“, sagt die Unternehmerin. Mit Joggen – im Tross zwei Hündinnen – hält sie sich fit. Birgit Steil kann sich kein anderes Leben vorstellen, auch keinen anderen Beruf: „Das schließe ich kategorisch aus. Ich wäre die frustrierteste Hausfrau, die es gäbe, würde es diesen Beruf nicht geben.“
Ingrid Fusenig

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