01.08.2008
Jede Abschlussarbeit im Unternehmen ist wie eine Probezeit
Dieser Text ist vom 01.08.2008 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Wissenschaft trifft Wirtschaft
Die Fachhochschule Trier sieht sich als idealer Partner von Unternehmen. Mit Hilfe von anwendungsorientierten Forschungsprojekten und „kooperativen Semester-, Projekt-, Diplom- und Abschlussarbeiten“ werde der Wissens- und Technologietransfer zwischen Unternehmen und Hochschule sichergestellt. So steht es im Vorwort des FH-Forschungsberichtes 2007. Und weiter: „Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind meist nicht in der Lage, eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen zu unterhalten. Um den wirtschaftlichen Erfolg nachhaltig sichern zu können sind sie in der Regel auf externen Wissens- und Technologietransfer angewiesen. Diesen Transfer bietet die FH durch eine breite Kompetenzlandschaft.“ Wie aber sieht das in der Praxis aus? Dieser Frage gehen wir heute nach und beleuchten im letzten Beitrag unserer Serie Projekte in den Fachbereichen Technik, Informatik und Lebensmitteltechnik.
Grau ist alle Theorie
„Bei uns erleben die Studierenden wirklich angewandte Wissenschaft“, sagt Professor Dr.-rer. nat. Werner Lorig vom Fachbereich Lebensmitteltechnik. Er lehrt seit 1983 an der FH Trier und hat seither alle Diplom-Arbeiten im Zusammenwirken mit der Industrie gemacht. „Ich gehe diesen Weg konsequent.“ Früher hat Lorig selber in der Industrie gearbeitet und gute Kontakte zu Unternehmen geknüpft, die jetzt den Lebensmitteltechnikern in spe zugute kommen. Bekannte Getränkehersteller aus der Region, große Pizzabäcker und andere Lebensmittelproduzenten – sie alle öffnen die Türen, um vom Wissen der Nachwuchswissenschaftler zu profitieren. Für Werner Lorig ist das nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Er freut sich über das Vertrauen: „Man hat in diesem Sektor ja immer die Geheimhaltung zu garantieren. Schließlich geht es ja um sensible Daten, besondere Rezepturen, die die Konkurrenz nicht kennen sollte.“ Der Diplom-Chemiker ist an der FH für die chemische Grundausbildung der Studierenden zuständig, im Hauptstudium lehrt er Lebensmittelchemie und -analytik, Lebensmittelrecht, Lebensmittelzusatzstoffe und das Fachgebiet Sensorik. Schwerpunkte sind zudem die Themen Qualitätsmanagement, Öko-Audit und Lebensmittelhygiene. Natürlich haben die Studierenden auch an der Fachhochschule viele Möglichkeiten, den Inhaltsstoffen von Lebensmitteln auf den Grund zu gehen und sogar aus geeigneter Rohware verkaufsfähige Lebensmittel unter Beachtung ernährungsphysiologischer, ökologischer und ökonomischer Aspekte zu entwickeln. In den Laboren weiß man zunächst gar nicht, wo das Auge verweilen soll angesichts der imposanten Apparaturen. Hier riesige Reagenzgläser, dort Maschinen zur Destillation und Extraktion oder Sensoren zur Feuchtemessung. Stolz ist Professor Lorig auf das Sensorik-Labor. Die Sensorik gelte heute als amtliche Prüfmethode, viele hiesige Unternehmen fragten geschulte Sensorik-Gruppen der FH an.
Lebensmitteltechniker gefragt
Lebensmitteltechnik ist ein beliebter Studiengang, der Zulauf an der FH ist riesig. Trotzdem macht Professor Lorig sich noch keine Sorgen, dass seine „Schützlinge“ der Arbeitslosigkeit entgegenstudieren. „Volkswirtschaftlich kann ich ruhig schlafen“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Will heißen: Lebensmitteltechnik ist eine Sparte mit Zukunft. Die Gründe sind vielfältiger Natur. Die Qualitätsansprüche der Verbraucher sind größer geworden, aus Brüssel kommen „ständig neue EU-Richtlinien, die Betriebe stehen gewaltig unter Druck“. Beispiel: Vor vier Jahren wurde der „IFS“ eingeführt – „International Food Standard“. Mittlerweile gebe es schon Version fünf. Die Lebensmittelindustrie komme gar nicht daran vorbei, Qualitätsmanagementsysteme zu installieren und Standards zu beachten. Und: „Gegessen wird immer.“ Die Bandbreite möglicher Arbeitsfelder sei groß vom Qualitätsmanagement über die Produktentwicklung, die Lebensmittelproduktion bis hin zum Marketing. Manche Absolventen landen auch in der Kosmetikbranche. Viele Karrieren konnte Werner Lorig im Lauf seiner Berufsjahre verfolgen. Die Basis dafür war nicht zuletzt der Kontakt während des Studiums. Lorig vermittelte auch viele Auslandspraktika. „70 bis 80 Prozent der Diplomanden werden direkt übernommen. Die Abschlussarbeit im Unternehmen ist wie eine Probezeit“, weiß Lorig.
Mensch und Maschine im Einklang
Unternehmen technischer Ausrichtung werden eher auf die Forschungsergebnisse aus den Laboren des Institutes für Innovative Informatik-Anwendungen i3A der FH schauen, in denen Professor Dr. Rolf Linn „zu Hause“ ist. Eines seiner Fachgebiete im Fachbereich Informatik ist die „Mensch-Maschine-Interaktion“. Ein interessantes Feld, ist doch heute nahezu jeder aufgefordert, sich in der computergesteuerten und hoch technisierten Welt zurechtzufinden, sei es mit einem Textverarbeitungsprogramm oder der Kontoführung im Internet. Professor Linn bringt das Ziel der Forschungsarbeit so auf den Punkt: „Was nützt das modernste Telefon, wenn die Tücken der Technik nicht zu überwinden sind? Menschengerechtes Bedienen nenne ich das.“ Im so genannten „Usability-Labor“ testen Studierende die Gebrauchstauglichkeit von Produkten und versuchen Probleme in der Interaktion von Mensch und Computer aufzudecken. Den Kameras und Mikrophonen im Labor entgeht nicht, wo es „hakt“.
Ein weiteres Feld ist neben der Mathematik die Produktionsinformatik, die sich mit dem Rechnereinsatz in der Fertigung beschäftigt. Es geht um Steuerungen von Robotern oder Werkzeugmaschinen.
„Usability-Engineering“ lautete die Überschrift eines Projektes für den Satellitenbetreiber SES Astra in Luxemburg. Aufgaben waren, ein Interaktionsdesign zu schaffen und die Benutzungsoberfläche eines Systems zur Leistungsmessung von Kommunikationssatelliten zu gestalten. Ziele sind eine Standardisierung der Bedienung und eine Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit. Studenten des Master-Studiengangs Informatik entwickelten im Rahmen ihrer Masterarbeit Anforderungen, Bedienabläufe und Bedienoberfläche. Genau betrachtet wurde, wie der Benutzer mit dem entwickelten System arbeitet. Mittels Papierprototypen wurde das Arbeiten mit einem gedachten System simuliert. Es gab also einen richtigen Test der Gebrauchstauglichkeit. „So etwas ist ein interaktiver Prozess. Nicht beim ersten Wurf ist gleich alles richtig“, sagt Rolf Linn.
Für die Studierenden seien solche Arbeiten natürlich spannend. „Das sind ernsthafte Projekte, keine Sandkastenspiele. Es ist die Erfahrung, wie die Arbeit in der Praxis läuft.“ Die Firmen wiederum hätten dank der Projekte die Chance, den Absolventen „viel besser kennenzulernen“. Aus dem anfänglichen Kontakt ergebe sich manchmal sogar eine dauerhafte Zusammenarbeit bis hin zur Anstellung.
Rasantes auf der Daten-Autobahn
Nur eine Tür weiter spielt auch die „Mensch-Maschine-Interaktion“ eine große Rolle. Und auch der Informatiker Professor Dr.-Ing. Georg J. Schneider arbeitet in einem Fachgebiet, das sich rasant entwickelt: das WorldWideWeb. Statische HTML-Seiten sind Schnee von gestern, heute kommuniziert man mit bewegten Bildern und mit Tönen. Im Bereich „Webbasierte Anwendungen“ geht es um technische Grundlagen, aber auch um die Organisation von Inhalten oder Aspekte wie Barrierefreiheit.
Doch die Technik macht es möglich: Internet-Kommunikation findet nicht nur im stillen Kämmerlein zu Hause statt, sondern ist ebenso mobil wie der Anwender. Laptop, WAP-Handy, PDA – heute ist es möglich, zu jeder Tages- und Nachtzeit von nahezu jedem Ort der Welt auf Informationen, Daten und Internet-Dienste zuzugreifen. Auch gibt es Routenplaner, die per GPS die Navigation übernehmen. „Die Möglichkeiten sind längst nicht ausgereizt. Nun gilt es, mobile Systeme zu entwickeln, die zum Beispiel eine Fein-Navigation ermöglichen“, sagt Georg J. Schneider. Denkbar beispielsweise zur Unterstützung von Lieferservices. Der Fahrer findet nicht nur problemlos die Straße, die er sucht, sondern genauso zielsicher in einem Bürohaus das richtige Unternehmen. Hier arbeitet der Professor zum Beispiel mit der Trierer „Alta 4 Geoinformatik AG“ zusammen.
Schneider: „Die Studierenden haben also mit realitätsnahen Fragestellungen zu tun und die Möglichkeit, innovative Lösungen auszuprobieren.“ Weiteres Beispiel: Wer im Internet etwas sucht, wird mit Sicherheit fündig, ist aber am Ende vielleicht doch nicht schlauer als zuvor. Wenn nämlich eine wahre Datenflut über den Anwender hereinbricht. Es wird also künftig auch um Informationsfilterung gehen müssen. „Wir müssen also viel über den Benutzer herausfinden und das anbieten, was sinnvoll erscheint.“
Projekte mit Unternehmen findet Professor Schneider sehr spannend und „unterstützt sie“. Für die Studierenden sei es gut, sich nicht immer auf ausgetretenen Pfaden zu bewegen, sondern etwas Neues anzuschieben. Es sei ein Kompetenzgewinn, in einer bestimmten Fragestellung zum Punkt zu kommen und auch eine „Deadline“ zu haben. Wichtig sei dabei aber, dass die FH nicht einfach eine Dienstleistung erbringt, etwa derart, dass ein Unternehmen preiswert einen Internet-Auftritt bekommt. „Nein, dazu sind wir nicht die richtigen Ansprechpartner. Es geht um wissenschaftliche Vorgehensweise, um Know-how mit Blick auf die Zukunft. Und wissenschaftliches Arbeiten braucht nun einmal Zeit, die man den Studenten gewähren muss.“
Leistungsstarker Forschungsmotor
Am Puls der Zeit ist mit seinen Projekten auch Professor Dr. Christof Simon (Fachbereich Technik). So wird nicht zuletzt die Automobilbranche mit Sicherheit immer mit einem Auge verfolgen, was in den Werkstätten der angehenden Maschinenbauer gerade passiert. Vor allem, wenn es um Themen geht wie „Schadstoffreduzierung bei Dieselmotoren“ und Firmen Abgasgrenzwerte einzuhalten haben. Christof Simon zeigt den eigens entwickelten und gebauten Einzylinder-Forschungsmotor, ohne den die wichtigen Messungen nicht gemacht werden könnten. Ausgestattet ist er mit Kamera, Endoskop und Lichtsonde. So gelingen Aufnahmen während der Verbrennung. Professor Simon erklärt: „Der Dieselmotor gehört mit zu den wirtschaftlichsten Kraftmaschinen, die heute in der Fahrzeug-, Energie- und Blockheizkraftwerkstechnik zum Einsatz kommen. Als problematisch erweist sich der Ruß- und Stickoxid-Ausstoß.“ Im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte sei an der FH ein besonderes Verfahren entwickelt worden: In einer speziell angepassten Einspritzdüse können Dieselkraftstoff und Wasser gleichzeitig eingespritzt werden. Das Wasser kühlt und reduziert die Verbrennungstemperaturen, sodass die Stickoxidbildung stark abgeschwächt wird. Parallel dazu seien an verschiedenen Nutzfahrzeugmotoren Diesel-Wasser-Mikroemulsionen gemessen worden. Diese Diesel-Wasser-Mischungen waren eigens für die Forschungsarbeit in Trier am Institut für Physikalische Chemie der Uni Köln entwickelt worden. Der Einsatz der Emulsion reduziert sowohl die Stickoxide als auch Ruß. Die Studenten haben nun die Aufgabe, anhand eines 13-Punkte-Testes zu untersuchen, welches Diesel-Wasserverhältnis optimale Leistungs- und Abgaswerte liefert. Natürlich immer auch im Blick auf den Kraftstoffverbrauch. „Dieses Forschungsergebnis steht kurz vor dem Abschluss“, so Simon. Und: „Für Firmen ist es attraktiv, bei solchen Projekten mit uns zusammenzuarbeiten.“ Für Volvo in Konz galt es zum Beispiel, ein bestimmtes Gerät strömungstechnisch zu optimieren. „Das geschah im Rahmen einer Master-Arbeit. Es war natürlich interessant für den Studenten, sich in so einem großen Unternehmen einzubringen.“
Zusammenarbeit keine Einbahnstrasse
Anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung werden auch im Fachbereich Technik groß geschrieben. „90 Prozent der Abschlussarbeiten sind Projekte in der Industrie“, sagt Professor Dr. Dirk Brechtken. Er leitet das Institut für Energieeffiziente Systeme an der FH, seine Fachgebiete sind Energieverteilung, Anlagentechnik, Elektromagnetische Verträglichkeit. Ziel des Institutes im Bereich Energieübertragung und -verteilung – so ist es im Internet nachzulesen – ist „die Unterstützung regionaler und überregionaler Unternehmen bei der Entwicklung, Projektierung und beim technischen Marketing komplexer energietechnischer Systeme“. Doch aus Sicht von Professor Brechtken ist diese Unterstützung keine Einbahnstraße: „Unsere Absolventen lernen nach einer Zeit der Grundlagenorientierung und fachlichen Vertiefung die Grundzüge experimentellen Arbeitens kennen. Sie erfahren unmittelbar den Übergang von der Theorie zur Praxis, bekommen Kenntnis von praxisrelevanten Fragestellungen.“ Die FH wiederum sichere sich durch die Zusammenarbeit Drittmittel, ohne die auf dem apparativen Sektor vieles im Argen bleiben würde.
„Viele Unternehmen kommen auf uns zu mit aktuellen Fragestellungen. Sie schätzen unser Wissen, sehen uns aber auch als neutrale Institution“, erzählt der Professor.
Die Bandbreite von Brechtkens Forschungsfeld ist groß: In einem Projekt wurde untersucht, wie sich die Stromverteilung in elektrischen Kontakten am PC simulieren lässt. Experimentelle Untersuchungen dienten anschließend dazu, die erarbeiteten Modellvorstellungen zu validieren. In einem anderen Projekt soll die Energieeffizienz in kleinen und mittelständischen Unternehmen obenan stehen. Im Kreis Bitburg-Prüm zum Beispiel werden die Studierenden in Messaufgaben eingebunden mit dem Ziel: Einsparpotenziale erkennen, Energieverbräuche optimieren, den Fragen auf den Grund gehen: Was ist möglich, was ist wirtschaftlich?
Ein aktuelles Forschungsprojekt lautet „Optimierung von Niederspannungs-Transformatoren“. Untersucht wird dabei die Erwärmung von Trockentransformatoren unter verschiedenen Last- und Umgebungsbedingungen. Die Mitarbeiter und Studierenden experimentieren an „typischen Transformatoren“ und ermitteln den Zusammenhang zwischen Belastung, Erwärmung und untersuchen die Einflüsse vorhandener Gehäuse.
Für Dirk Brechtken ist es wichtig, dass seine Studenten anwendungsorientierte Forschung – nahe an aktuellen Problemen – kennen lernen. Doch betriebsblind ist man in seinem Fachgebiet keineswegs. Gerne darf es auch einmal der Blick über den Tellerrand sein wie jüngst beim Besuch des Trierer Unternehmens „Alwitra Flachdachsysteme“. Brechtken: „Es ging um das Thema Photovoltaik in Dachbahnen. Dachbahnen sind zwar nicht unbedingt unser Metier. Trotzdem war es mir wichtig, dass die Studierenden einen Zugang zu den Akteuren dort bekommen haben. Alwitra ist ja auch als Arbeitgeber interessant.“
Ingrid Fusenig
Grau ist alle Theorie
„Bei uns erleben die Studierenden wirklich angewandte Wissenschaft“, sagt Professor Dr.-rer. nat. Werner Lorig vom Fachbereich Lebensmitteltechnik. Er lehrt seit 1983 an der FH Trier und hat seither alle Diplom-Arbeiten im Zusammenwirken mit der Industrie gemacht. „Ich gehe diesen Weg konsequent.“ Früher hat Lorig selber in der Industrie gearbeitet und gute Kontakte zu Unternehmen geknüpft, die jetzt den Lebensmitteltechnikern in spe zugute kommen. Bekannte Getränkehersteller aus der Region, große Pizzabäcker und andere Lebensmittelproduzenten – sie alle öffnen die Türen, um vom Wissen der Nachwuchswissenschaftler zu profitieren. Für Werner Lorig ist das nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Er freut sich über das Vertrauen: „Man hat in diesem Sektor ja immer die Geheimhaltung zu garantieren. Schließlich geht es ja um sensible Daten, besondere Rezepturen, die die Konkurrenz nicht kennen sollte.“ Der Diplom-Chemiker ist an der FH für die chemische Grundausbildung der Studierenden zuständig, im Hauptstudium lehrt er Lebensmittelchemie und -analytik, Lebensmittelrecht, Lebensmittelzusatzstoffe und das Fachgebiet Sensorik. Schwerpunkte sind zudem die Themen Qualitätsmanagement, Öko-Audit und Lebensmittelhygiene. Natürlich haben die Studierenden auch an der Fachhochschule viele Möglichkeiten, den Inhaltsstoffen von Lebensmitteln auf den Grund zu gehen und sogar aus geeigneter Rohware verkaufsfähige Lebensmittel unter Beachtung ernährungsphysiologischer, ökologischer und ökonomischer Aspekte zu entwickeln. In den Laboren weiß man zunächst gar nicht, wo das Auge verweilen soll angesichts der imposanten Apparaturen. Hier riesige Reagenzgläser, dort Maschinen zur Destillation und Extraktion oder Sensoren zur Feuchtemessung. Stolz ist Professor Lorig auf das Sensorik-Labor. Die Sensorik gelte heute als amtliche Prüfmethode, viele hiesige Unternehmen fragten geschulte Sensorik-Gruppen der FH an.
Lebensmitteltechniker gefragt
Lebensmitteltechnik ist ein beliebter Studiengang, der Zulauf an der FH ist riesig. Trotzdem macht Professor Lorig sich noch keine Sorgen, dass seine „Schützlinge“ der Arbeitslosigkeit entgegenstudieren. „Volkswirtschaftlich kann ich ruhig schlafen“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Will heißen: Lebensmitteltechnik ist eine Sparte mit Zukunft. Die Gründe sind vielfältiger Natur. Die Qualitätsansprüche der Verbraucher sind größer geworden, aus Brüssel kommen „ständig neue EU-Richtlinien, die Betriebe stehen gewaltig unter Druck“. Beispiel: Vor vier Jahren wurde der „IFS“ eingeführt – „International Food Standard“. Mittlerweile gebe es schon Version fünf. Die Lebensmittelindustrie komme gar nicht daran vorbei, Qualitätsmanagementsysteme zu installieren und Standards zu beachten. Und: „Gegessen wird immer.“ Die Bandbreite möglicher Arbeitsfelder sei groß vom Qualitätsmanagement über die Produktentwicklung, die Lebensmittelproduktion bis hin zum Marketing. Manche Absolventen landen auch in der Kosmetikbranche. Viele Karrieren konnte Werner Lorig im Lauf seiner Berufsjahre verfolgen. Die Basis dafür war nicht zuletzt der Kontakt während des Studiums. Lorig vermittelte auch viele Auslandspraktika. „70 bis 80 Prozent der Diplomanden werden direkt übernommen. Die Abschlussarbeit im Unternehmen ist wie eine Probezeit“, weiß Lorig.
Mensch und Maschine im Einklang
Unternehmen technischer Ausrichtung werden eher auf die Forschungsergebnisse aus den Laboren des Institutes für Innovative Informatik-Anwendungen i3A der FH schauen, in denen Professor Dr. Rolf Linn „zu Hause“ ist. Eines seiner Fachgebiete im Fachbereich Informatik ist die „Mensch-Maschine-Interaktion“. Ein interessantes Feld, ist doch heute nahezu jeder aufgefordert, sich in der computergesteuerten und hoch technisierten Welt zurechtzufinden, sei es mit einem Textverarbeitungsprogramm oder der Kontoführung im Internet. Professor Linn bringt das Ziel der Forschungsarbeit so auf den Punkt: „Was nützt das modernste Telefon, wenn die Tücken der Technik nicht zu überwinden sind? Menschengerechtes Bedienen nenne ich das.“ Im so genannten „Usability-Labor“ testen Studierende die Gebrauchstauglichkeit von Produkten und versuchen Probleme in der Interaktion von Mensch und Computer aufzudecken. Den Kameras und Mikrophonen im Labor entgeht nicht, wo es „hakt“.
Ein weiteres Feld ist neben der Mathematik die Produktionsinformatik, die sich mit dem Rechnereinsatz in der Fertigung beschäftigt. Es geht um Steuerungen von Robotern oder Werkzeugmaschinen.
„Usability-Engineering“ lautete die Überschrift eines Projektes für den Satellitenbetreiber SES Astra in Luxemburg. Aufgaben waren, ein Interaktionsdesign zu schaffen und die Benutzungsoberfläche eines Systems zur Leistungsmessung von Kommunikationssatelliten zu gestalten. Ziele sind eine Standardisierung der Bedienung und eine Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit. Studenten des Master-Studiengangs Informatik entwickelten im Rahmen ihrer Masterarbeit Anforderungen, Bedienabläufe und Bedienoberfläche. Genau betrachtet wurde, wie der Benutzer mit dem entwickelten System arbeitet. Mittels Papierprototypen wurde das Arbeiten mit einem gedachten System simuliert. Es gab also einen richtigen Test der Gebrauchstauglichkeit. „So etwas ist ein interaktiver Prozess. Nicht beim ersten Wurf ist gleich alles richtig“, sagt Rolf Linn.
Für die Studierenden seien solche Arbeiten natürlich spannend. „Das sind ernsthafte Projekte, keine Sandkastenspiele. Es ist die Erfahrung, wie die Arbeit in der Praxis läuft.“ Die Firmen wiederum hätten dank der Projekte die Chance, den Absolventen „viel besser kennenzulernen“. Aus dem anfänglichen Kontakt ergebe sich manchmal sogar eine dauerhafte Zusammenarbeit bis hin zur Anstellung.
Rasantes auf der Daten-Autobahn
Nur eine Tür weiter spielt auch die „Mensch-Maschine-Interaktion“ eine große Rolle. Und auch der Informatiker Professor Dr.-Ing. Georg J. Schneider arbeitet in einem Fachgebiet, das sich rasant entwickelt: das WorldWideWeb. Statische HTML-Seiten sind Schnee von gestern, heute kommuniziert man mit bewegten Bildern und mit Tönen. Im Bereich „Webbasierte Anwendungen“ geht es um technische Grundlagen, aber auch um die Organisation von Inhalten oder Aspekte wie Barrierefreiheit.
Doch die Technik macht es möglich: Internet-Kommunikation findet nicht nur im stillen Kämmerlein zu Hause statt, sondern ist ebenso mobil wie der Anwender. Laptop, WAP-Handy, PDA – heute ist es möglich, zu jeder Tages- und Nachtzeit von nahezu jedem Ort der Welt auf Informationen, Daten und Internet-Dienste zuzugreifen. Auch gibt es Routenplaner, die per GPS die Navigation übernehmen. „Die Möglichkeiten sind längst nicht ausgereizt. Nun gilt es, mobile Systeme zu entwickeln, die zum Beispiel eine Fein-Navigation ermöglichen“, sagt Georg J. Schneider. Denkbar beispielsweise zur Unterstützung von Lieferservices. Der Fahrer findet nicht nur problemlos die Straße, die er sucht, sondern genauso zielsicher in einem Bürohaus das richtige Unternehmen. Hier arbeitet der Professor zum Beispiel mit der Trierer „Alta 4 Geoinformatik AG“ zusammen.
Schneider: „Die Studierenden haben also mit realitätsnahen Fragestellungen zu tun und die Möglichkeit, innovative Lösungen auszuprobieren.“ Weiteres Beispiel: Wer im Internet etwas sucht, wird mit Sicherheit fündig, ist aber am Ende vielleicht doch nicht schlauer als zuvor. Wenn nämlich eine wahre Datenflut über den Anwender hereinbricht. Es wird also künftig auch um Informationsfilterung gehen müssen. „Wir müssen also viel über den Benutzer herausfinden und das anbieten, was sinnvoll erscheint.“
Projekte mit Unternehmen findet Professor Schneider sehr spannend und „unterstützt sie“. Für die Studierenden sei es gut, sich nicht immer auf ausgetretenen Pfaden zu bewegen, sondern etwas Neues anzuschieben. Es sei ein Kompetenzgewinn, in einer bestimmten Fragestellung zum Punkt zu kommen und auch eine „Deadline“ zu haben. Wichtig sei dabei aber, dass die FH nicht einfach eine Dienstleistung erbringt, etwa derart, dass ein Unternehmen preiswert einen Internet-Auftritt bekommt. „Nein, dazu sind wir nicht die richtigen Ansprechpartner. Es geht um wissenschaftliche Vorgehensweise, um Know-how mit Blick auf die Zukunft. Und wissenschaftliches Arbeiten braucht nun einmal Zeit, die man den Studenten gewähren muss.“
Leistungsstarker Forschungsmotor
Am Puls der Zeit ist mit seinen Projekten auch Professor Dr. Christof Simon (Fachbereich Technik). So wird nicht zuletzt die Automobilbranche mit Sicherheit immer mit einem Auge verfolgen, was in den Werkstätten der angehenden Maschinenbauer gerade passiert. Vor allem, wenn es um Themen geht wie „Schadstoffreduzierung bei Dieselmotoren“ und Firmen Abgasgrenzwerte einzuhalten haben. Christof Simon zeigt den eigens entwickelten und gebauten Einzylinder-Forschungsmotor, ohne den die wichtigen Messungen nicht gemacht werden könnten. Ausgestattet ist er mit Kamera, Endoskop und Lichtsonde. So gelingen Aufnahmen während der Verbrennung. Professor Simon erklärt: „Der Dieselmotor gehört mit zu den wirtschaftlichsten Kraftmaschinen, die heute in der Fahrzeug-, Energie- und Blockheizkraftwerkstechnik zum Einsatz kommen. Als problematisch erweist sich der Ruß- und Stickoxid-Ausstoß.“ Im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte sei an der FH ein besonderes Verfahren entwickelt worden: In einer speziell angepassten Einspritzdüse können Dieselkraftstoff und Wasser gleichzeitig eingespritzt werden. Das Wasser kühlt und reduziert die Verbrennungstemperaturen, sodass die Stickoxidbildung stark abgeschwächt wird. Parallel dazu seien an verschiedenen Nutzfahrzeugmotoren Diesel-Wasser-Mikroemulsionen gemessen worden. Diese Diesel-Wasser-Mischungen waren eigens für die Forschungsarbeit in Trier am Institut für Physikalische Chemie der Uni Köln entwickelt worden. Der Einsatz der Emulsion reduziert sowohl die Stickoxide als auch Ruß. Die Studenten haben nun die Aufgabe, anhand eines 13-Punkte-Testes zu untersuchen, welches Diesel-Wasserverhältnis optimale Leistungs- und Abgaswerte liefert. Natürlich immer auch im Blick auf den Kraftstoffverbrauch. „Dieses Forschungsergebnis steht kurz vor dem Abschluss“, so Simon. Und: „Für Firmen ist es attraktiv, bei solchen Projekten mit uns zusammenzuarbeiten.“ Für Volvo in Konz galt es zum Beispiel, ein bestimmtes Gerät strömungstechnisch zu optimieren. „Das geschah im Rahmen einer Master-Arbeit. Es war natürlich interessant für den Studenten, sich in so einem großen Unternehmen einzubringen.“
Zusammenarbeit keine Einbahnstrasse
Anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung werden auch im Fachbereich Technik groß geschrieben. „90 Prozent der Abschlussarbeiten sind Projekte in der Industrie“, sagt Professor Dr. Dirk Brechtken. Er leitet das Institut für Energieeffiziente Systeme an der FH, seine Fachgebiete sind Energieverteilung, Anlagentechnik, Elektromagnetische Verträglichkeit. Ziel des Institutes im Bereich Energieübertragung und -verteilung – so ist es im Internet nachzulesen – ist „die Unterstützung regionaler und überregionaler Unternehmen bei der Entwicklung, Projektierung und beim technischen Marketing komplexer energietechnischer Systeme“. Doch aus Sicht von Professor Brechtken ist diese Unterstützung keine Einbahnstraße: „Unsere Absolventen lernen nach einer Zeit der Grundlagenorientierung und fachlichen Vertiefung die Grundzüge experimentellen Arbeitens kennen. Sie erfahren unmittelbar den Übergang von der Theorie zur Praxis, bekommen Kenntnis von praxisrelevanten Fragestellungen.“ Die FH wiederum sichere sich durch die Zusammenarbeit Drittmittel, ohne die auf dem apparativen Sektor vieles im Argen bleiben würde.
„Viele Unternehmen kommen auf uns zu mit aktuellen Fragestellungen. Sie schätzen unser Wissen, sehen uns aber auch als neutrale Institution“, erzählt der Professor.
Die Bandbreite von Brechtkens Forschungsfeld ist groß: In einem Projekt wurde untersucht, wie sich die Stromverteilung in elektrischen Kontakten am PC simulieren lässt. Experimentelle Untersuchungen dienten anschließend dazu, die erarbeiteten Modellvorstellungen zu validieren. In einem anderen Projekt soll die Energieeffizienz in kleinen und mittelständischen Unternehmen obenan stehen. Im Kreis Bitburg-Prüm zum Beispiel werden die Studierenden in Messaufgaben eingebunden mit dem Ziel: Einsparpotenziale erkennen, Energieverbräuche optimieren, den Fragen auf den Grund gehen: Was ist möglich, was ist wirtschaftlich?
Ein aktuelles Forschungsprojekt lautet „Optimierung von Niederspannungs-Transformatoren“. Untersucht wird dabei die Erwärmung von Trockentransformatoren unter verschiedenen Last- und Umgebungsbedingungen. Die Mitarbeiter und Studierenden experimentieren an „typischen Transformatoren“ und ermitteln den Zusammenhang zwischen Belastung, Erwärmung und untersuchen die Einflüsse vorhandener Gehäuse.
Für Dirk Brechtken ist es wichtig, dass seine Studenten anwendungsorientierte Forschung – nahe an aktuellen Problemen – kennen lernen. Doch betriebsblind ist man in seinem Fachgebiet keineswegs. Gerne darf es auch einmal der Blick über den Tellerrand sein wie jüngst beim Besuch des Trierer Unternehmens „Alwitra Flachdachsysteme“. Brechtken: „Es ging um das Thema Photovoltaik in Dachbahnen. Dachbahnen sind zwar nicht unbedingt unser Metier. Trotzdem war es mir wichtig, dass die Studierenden einen Zugang zu den Akteuren dort bekommen haben. Alwitra ist ja auch als Arbeitgeber interessant.“
Ingrid Fusenig