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01.07.2018

Hier schlägt das Herz des Erfolgs


Dieser Text ist vom 01.07.2018 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Familienunternehmen planen langfristig, punkten mit gutem Namen und Erfahrung...

… sie müssen aber auch Generation für Generation die Herausforderung meistern, Tradition mit Innovation zu verknüpfen und persönliche Konflikte aus dem Weg zu räumen.

In das vertraute Ticken der Standuhr, die Gäste seit Jahrzehnten neben der Rezeption begrüßt, mischt sich über den Lautsprecher aktuelle Radiomusik. Unter dem Schwarz-Weiß-Bild der Hotelgründer zeigt ein Bildschirm digitale Fotos: Wellness-Bereich, Maare, Sehenswürdigkeiten. Anschaulicher könnten Vergangenheit und Gegenwart wohl kaum aufeinandertreffen als hier, im Empfangsbereich des Meerfelder Hotels zur Post. Niemand wird mehr zählen können, wie viele Menschen hier seit 1873 über die Schwelle getreten sind – dem Gründungsjahr des Familienbetriebs, der heute in der fünften Generation angekommen ist.
Gerade in Hotel und Gastronomie ist die viele Arbeit oft nur zu bewältigen, wenn alle mit anpacken. So ist es auch hier: Inhaber Sven Molitor (32) kocht, Frau Christine (34) kümmert sich um die Verwaltung, Mutter Lydia (63) und Vater Bernhard (69) springen überall dort ein, wo Verstärkung benötigt wird – in der Küche, im Service, beim Töpfe spülen oder Rasen mähen. Söhnchen Luis (5 Monate) unterhält derweil Familie und Gäste. Ein Umfeld, in dem es den Gästen leicht fällt, sich wohl und gut aufgehoben zu fühlen. Ein Unternehmen, das schon so lange Zeit Bestand hat und in einer Hand ist, verkörpert Erfahrung und Qualität.

Gaststätte – Poststelle – Hotel
Und so begann die Geschichte: 1873 baute die Familie Weiler-Pesch das Anwesen mit Stall und Scheune, 1886 eröffneten die Ururgroßeltern von Sven Molitor die Gaststätte „Weiler-Pesch“ sowie ein Lebensmittelgeschäft – als zweites Standbein neben der Landwirtschaft. 1902 wurde der Betrieb zur Poststelle für Meerfeld. 1948 kam mit den ersten Übernachtungsgästen auch die touristische Entwicklung der Gemeinde in Gang. In den folgenden Jahren gaben sich die Handwerker die Klinke in die Hand; aus den einst zwei Gästeschlafzimmern entwickelte sich ein großer Hotelbetrieb. Mit den Busgruppen stieg die Zahl der Übernachtungen in den 70er- und 80er-Jahren auf bis zu 15 000 im Jahr an.
1978 übernahm Bernhard Molitor den Betrieb von seiner Mutter, als diese schwer erkrankte. Sein eigentlicher Berufswunsch war ein anderer. Doch er entschied sich, das fortzuführen, „wofür meine Mutter sich ein Leben lang geplagt hatte“ und holte sich mit seiner Frau Lydia eine starke Stütze an Bord. 38 Jahre führten sie gemeinsam das Geschäft.
Und ein wenig wiederholte sich die Geschichte, als Bernhard Molitors Herz nicht mehr recht mitspielte. So kam früher als geplant sein Sohn Sven zurück, der sich inzwischen in zahlreichen Spitzenküchen in ganz Deutschland als Küchenmeister verdient gemacht hatte.
Zusammen mit Ehefrau Christine, die als Hotelfachfrau aus dem Schwarzwald ebenfalls reichlich Expertise mitbringt, übernahm er 2014 die Geschicke des Hotels zur Post. „Wir wollten uns gemeinsam etwas aufbauen.“ Da lag der elterliche Betrieb natürlich nahe. Anders als damals bei seinem Vater, war die Übernahme aber seine freie Entscheidung. „Ich hätte ihn nie in meine Fußstapfen gezwungen“, sagt der Senior-Chef. Schon als Kind habe Sven bereits zum Frühstück Rumpsteaks in der Küche abgegriffen und gesagt: „Ich mache später mal das, was der Papa auch ist“, wie Mutter Lydia lachend erzählt.

Appetit auf mehr

Kein Wunder also, dass der Junior-Chef den Schwerpunkt des Hotels zur Post in Richtung Küche verlagert hat und bereits in zahlreichen Gourmetführern zu finden ist. Das A-la-Carte-Geschäft boome und bringe ihnen neue Gäste, berichtet er. Eine wichtige Entwicklung mit Blick auf die langfristig sinkenden Übernachtungszahlen: Die Zeit der Gruppenreisen und der Stammgäste, die mehrmals im Jahr anreisen, ist vorbei.
Daher investieren die Molitors weiter, haben just einen Wellness-Bereich samt Sauna-Landschaft und Schwimmbad eröffnet. „Das war schon immer mein Traum“, verrät Sven Molitor. Jede Generation will und muss eigene Ideen verwirklichen.
Seine Mutter habe sich damals schwer damit getan, loszulassen, sagt dagegen Bernhard Molitor. Diesen Fehler wollte er nicht machen. „Aber unser Herz schlägt noch immer im Betrieb, und es ist schön, wenn wir gebraucht werden. Jeder kann im Grunde alles, wir spülen abends auch die Töpfe, dafür sind wir uns nicht zu schade. Die Gäste sehen und wertschätzen das. Wir sind keine Hoteliers mit Schlips und Kragen. Und ich bin sehr froh, dass auch ihr keine Star-Allüren habt“, sagt er in Richtung Sohn und Schwiegertochter.  

Freude an der Arbeit vermitteln
Auch Karin Plein hat klare Vorstellungen von der Übergabe ihres Unternehmens, das sie zusammen mit ihrem Mann führt – der Kunstgießerei Plein in Speicher: Alles früh genug in die richtigen Bahnen lenken und klare Verhältnisse schaffen. Es sei an den Eltern, ihren Kindern Freude an der Aufgabe zu vermitteln. „Wir können als Unternehmer selbst gestalten, unsere Ideen umsetzen und das tun, was wir für sinnvoll halten, das ist unglaublich erfüllend!“ Ihr Schwiegervater sei sehr glücklich gewesen, als sie und ihr Mann Heinz im Jahr 1985 die Geschäftsführung übernommen haben. „Das hat wunderbar funktioniert. Er hat uns gleich die komplette Verantwortung übertragen und war einfach glücklich, dass es weitergeht – und zwar in die richtige Richtung.“
Mit ihnen ist die fünfte Generation am Werk, die sechste steht in den Startlöchern, und die siebte ist gerade geboren: glänzende Aussichten. Doch auch dieser Betrieb musste sich stetig wandeln, um am Markt erfolgreich zu sein. Gründer Adam Plein fertigte von 1880 an Christuskörper aus Ton – und führte schließlich die industrielle Fertigung ein, als der Zuspruch immer größer wurde. Im Laufe der Jahrzehnte kamen immer mehr Materialien dazu: erst Porzellan, dann Blei, Bronze und Aluminium. Heute stellt das Unternehmen unter anderem Grabmalkunst, Plastiken wie Skulpturen, Gedenktafeln und Denkmäler, Beschriftungen und weiterhin auch Kirchenkunst her. Produkte in Edelstahl werden in der Grafikabteilung digital gestaltet und computergesteuert produziert; der 3-D-Druck erleichtert die Modellerstellung. „So hält auch in einer sehr alten Branche die moderne Technik Einzug.“

Keine kurzfristige Rendite
Das Althergebrachte beibehalten und parallel Neues auszuprobieren sei typisch für Familienunternehmen wie das ihre, sagt Geschäftsführerin Plein. „Sie bewegen sich schwerfälliger, aber auf gesichertem Terrain. Schließlich wollen sie das Unternehmen auf Jahrzehnte hin stärken. Deshalb ist unser Ziel nicht die kurzfristige Gewinn-Maximierung, sondern das langfristige Überleben.“
Und dazu sollte immer ein Zweig in der Familie das Sagen haben, findet Plein. Seit 1880 habe es immer wieder die Situation gegeben, dass mehrere Kinder mit im Betrieb gearbeitet haben. Um klarere Verhältnisse zu schaffen, seien nach dem Zweiten Weltkrieg der Porzellan- und der Metallzweig voneinander getrennt worden. Auch die zweite Firma, die Kunstkeramischen Werkstätten Gebr. Plein, gibt es heute noch. Der Großvater ihres Mannes habe damals die Metall-Sparte übernommen.
Heute leitet Heinz Plein als Ingenieur die Fertigung, während Karin Plein die Verwaltung und der Export unterstehen. Die Verantwortung zu teilen, Doppelstrukturen und damit doppelte Arbeit zu vermeiden, auch das gehöre zum Erfolgsrezept eines Familienunternehmens, sagt Plein. Man verlasse sich auf den anderen.
Das könnten auch ihre Kunden. „Das Geschäft sollte immer ein ehrliches sein, wir stehen zu unserem Wort“, so fasst die Unternehmerin die Firmenphilosophie zusammen. Ihre Kunden, in der Mehrheit Steinmetze, seien zum Teil ebenfalls schon über Generationen hinweg die gleichen. „Sie wissen, dass sie uns vertrauen können.“

Verlässliche Arbeitgeber
So habe ein Familienbetrieb auch als Arbeitgeber andere Strukturen. „Wir denken langfristig, stellen Mitarbeiter ein, damit sie bis zur Rente bei uns bleiben.“ Oft kenne man die Familien und ihre Situation sehr gut, „dann gebe ich auch schon einmal einen privaten Ratschlag“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Sie und ihr Mann wollen den Betrieb in den nächsten Jahren an eines ihrer 32 und 28 Jahre alten Kinder übergeben. Beide bringen sowohl eine herausragende Qualifikation als auch das Interesse mit, sagt die 59-Jährige. Also gilt es nun, eine für alle Seiten gute Lösung zu finden. Ein Luxusproblem, denn die Nachfolge sei in Familienunternehmen eine große Herausforderung. Habe eine Generation nicht das Talent, die Geschäfte zu leiten, gehe unter Umständen viel Energie verloren.
Energie bringt Plein nicht nur für ihren Betrieb, sondern auch für sein Umfeld auf. Ehrenamtliches Engagement ist für sie selbstverständlich. „Wir fühlen uns der Region verantwortlich. Schließlich wollen wir, dass auch die nächsten Generationen vor Ort tätig sein können und helfen, die Umgebung entsprechend zu gestalten.“ So ist sie seit Langem sowohl parteipolitisch als auch für die IHK Trier als Vollversammlungsmitglied aktiv, ebenso privat in Vereinen. Egal, welches Problem in ihrer Umgebung auftauche: „Es finden sich immer Familienunternehmen, die das Vorhaben unterstützen“ – beispielsweise das genossenschaftliche Gymnasium in Speicher.

Einsatz für die Region

Ein weiteres gutes Beispiel ist hier das Modehaus Messerich in Bitburg; es fördert das ehrenamtliche Engagement in der Region und spendet für soziale Einrichtungen. Vereine können sich aktuell unter dem Motto „Mach mit, dein Verein braucht dich!“ bewerben; die besten Drei erhalten insgesamt 1500 Euro. Eine Aktion, die zur Unternehmensphilosophie „Menschlich mehr wert sein“ passe, erklärt Lars Messerich, der seit 2007 die Geschäfte leitet und in zwei Jahren das 175-jährige Bestehen des Betriebs feiern kann.
Gerade mit Blick auf die zunehmende Online-Konkurrenz gilt es für ihn heute mehr denn je, Alleinstellungsmerkmale aufzubauen und zu nutzen. Größter Pluspunkt des Unternehmens ist die über Jahrzehnte aufgebaute Mode-Kompetenz. „Das vermittelt dem Kunden ein Gefühl des Vertrauens und der Stabilität. Er weiß, wir sind über Jahre für ihn da“, sagt Messerich. „Sie kennen uns ja oft schon seit Generationen.“
Familienunternehmen haben aus seiner Sicht den Vorteil, „nah, menschlich und greifbar“ zu sein – im Gegensatz zu den meist anonymen Franchise-Unternehmen. Und: Diese seien nicht am Standort interessiert. Die Stadt profitiere vielmehr von den Familienbetrieben, die an der Entwicklung der Einkaufslandschaft teilhaben und sie mitgestalten. „Wir sind schon seit Langem im Gewerbeverein aktiv, arbeiten mit den anderen Betrieben vor Ort zusammen, haben Kontakt zur Politik und versuchen so, Bitburg zu stärken“, sagt der 38-Jährige, der mit seiner Lebensgefährtin Sonja Suleck die sechste Unternehmensgeneration verkörpert.  

Gegen Krieg und Krisen
Die Historie beweist, wie kräftig die Familie mit anpacken kann. Der Gemischtwarenladen gegenüber der Liebfrauenkirche, der 1845 vom Schneider und Blaufärber Adam Niederprüm als Handel mit Stoffen und Tüchern eröffnet worden war und in den folgenden Jahrzehnten immer weiter wuchs, wurde im Winter 1944/45 komplett zerstört. Schon 1948 gelang der Wiederaufbau – an gleicher Stelle. Die Unternehmer erlebten die Stadtentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg mit und passten ihr Angebot den Bedürfnissen der Menschen an. Zu einer Zeit, in der es sowohl an Ware als auch an Geld mangelte.
1952 wurde der Grundstein für das heutige Geschäftshaus in der Hauptstraße 19 gelegt. Und Messerich vergrößerte sich immer weiter, erreichte in den 80er-Jahren 2000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Heute gibt es eine ganze „Bitburger Fashion Street“ mit zusätzlich sechs Filialen, die individuelle Kundenwünsche ansprechen: das „Frauenreich“ samt Schuhwelt, die lässig-coole „Männersache“, das „Trendwerk“ mit viel Jeans und Sweat, der „Lockstoff“ für den femininen Look, das „M1“ mit sehr junger Mode und der Sneaker-Laden #9 BIT SNKRS.
In einer Zeit, in der sich die Branche wegen der steigenden Mobilität und Online-Affinität der Kunden im Umbruch befindet, will sich das Modehaus so modern aufstellen und Erlebnisse schaffen. Gleichzeitig fülle Messerich damit Leerstände in der Innenstadt und helfe damit, die Einkaufsstraßen attraktiv zu halten, erklärt der Geschäftsführer.

Erneuerung non stop

„Es gab nie eine Zeit, in der das Geschäft von alleine lief, wir mussten immer investieren.“ Doch nie sei die Arbeit so schnelllebig gewesen wie jetzt. Messerich spricht von einer Zeit der „Permanent-Erneuerung“ mit sich ständig ändernden Sortimenten. Gleichzeitig wolle das Modehaus seine etablierten Werte weiter leben.
Dass der Mensch immer im Mittelpunkt steht, sollen auch die 75 Mitarbeiter spüren. Damit sie sich wohl fühlen, werden sie gefördert, übernehmen Verantwortung und haben die Möglichkeit, sich beruflich weiterzuentwickeln, sagt Messerich. „Als Familienunternehmen haben wir flache Hierarchien, der Kontakt zur Geschäftsführung ist eng und damit der Austausch intensiver.“
Er selbst lebt und liebt die Arbeitswelt, in die er hineingeboren wurde. Nach seinem dualen Studium zum Textilbetriebswirt sei er „Feuer und Flamme“ für die Branche gewesen, auch der Vielfältigkeit und des Kontakts mit den Menschen wegen. Nachdem er für verschiedene Modehäuser tätig war, stieg er 2007 in den elterlichen Betrieb ein und führte die Geschäfte bis 2012 zusammen mit seinem Vater Karl-Peter Messerich. „Natürlich hatten wir in Vielem andere Ansichten, aber wir haben viel miteinander diskutiert, und er hat mich auch machen lassen“, sagt Lars Messerich. Noch heute fragen viele Kunden nach seinem Vater, interessieren sich für die Familie.  
Dass die Betriebsübergabe von Generation zu Generation geglückt sei, schreibt er auch dem großen Zusammenhalt sowohl innerhalb der Familie als auch der Belegschaft zu. „Wir haben das Geschäft immer mit Herz und Seele betrieben.“
Hotelier Bernhard Molitor fasst es so zusammen: „Wir müssen immer nach Lösungen suchen, dafür sind wir Unternehmer.“ Dass es seinen Betrieb noch lange geben wird, hofft er sehr. Für Enkel Luis gibt es schon jetzt kaum ein besseres Unterhaltungsprogramm als der Trubel und die dampfenden Töpfe in der Küche.   


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