In einem Zielabweichungsbescheid hat das rheinland-pfälzische Innenministerium festgelegt, dass beim geplanten neuen Fachmarktzentrum in Saarburg neben dem verlagerten SB-Warenhaus nur der Baumarkt und ein Elektro-PC-Fachmarkt zulässig sind. Schuhe, Textilien und Drogeriewaren dürfen nicht zusätzlich in Fachmarktform angesiedelt werden. Damit ist das Ministerium der von IHK, Hwk und EHV abgegebenen gemeinsamen Stellungnahme inhaltlich gefolgt. Hiermit ist aus Sicht der IHK ein vernünftiger Kompromiss gefunden, der die direkten Konkurrenzbeziehungen zur Saarburger Innenstadt auf ein akzeptables Maß beschränkt, so dass der Schutz der städtebaulichen Attraktivität und die Sicherung eines dynamischen Wettbewerbs im Handel gleichermaßen gewährleistet sind.
Die geplante Ansiedlung eines Fachmarktzentrums in Saarburg wird vor Ort kontrovers diskutiert. Die Ansiedlungsplanung geschieht dabei vor dem Hintergrund einer deutschlandweiten und auch regional schwierigen Situation im Einzelhandel.
Einerseits ist die Umsatzentwicklung im Handel bereits seit langem von Stagnation geprägt. Der im Jahr 2006 einsetzende Wirtschaftsaufschwung hat hier nur leichte Linderung gebracht. Derzeit stagniert die Kaufkraft der Endverbraucher aufgrund steigender Inflationsraten. Die Konsumenten müssen einen immer größeren Teil ihres verfügbaren Einkommens für Energiekosten aufbringen. Der lahmenden Binnennachfrage stehen andererseits weiterhin expandierende Verkaufsflächen im Einzelhandel gegenüber, so dass notgedrungen die Flächenproduktivität und damit die Rentabilität vieler Einzelhandelsbetriebe unter Druck geraten.
Im Falle des Fachmarktzentrums Saarburg ist die Ansiedlung rund 700 Meter vom zentralen Einkaufsbereich Saarburgs entfernt geplant. Sie ist räumlich und funktional nicht in den Kernbereich integriert und damit als ungünstig zu bezeichnen. Aus diesem Grunde wurde ein Zielabweichungsverfahren notwendig. Die ursprünglichen Planungen haben die Verlagerung eines SB-Warenhauses bei moderater Verkaufsflächenerweiterung, die Ansiedlung eines Baumarktes mit rund 6 500 Quadratmetern Verkaufsfläche, eines Computer-/Elektrofachmarkts mit 800 Quadratmetern Verkaufsfläche sowie von Mode-, Schuh- und Drogeriemärkten mit jeweils 500 bis 600 Quadratmetern Verkaufsfläche vorgesehen; insgesamt rund 15 000 Quadratmeter. Laut Ausführungen des hierzu vorliegenden CIMA-Gutachtens, wäre es bei bestimmten innenstadtrelevanten Sortimentsgruppen zu Umsatzabzugseffekten aus der Citylage bis weit in den zweistelligen Bereich gekommen.
VERKAUFSFLÄCHENEXPANSION IN DER REGION TRIER
In der Region Trier expandierte die Verkaufsfläche größerer Einzelhandelsbetriebe ab sechshundert Quadratmetern von 2003 bis 2007 um 8,6 Prozent auf über 650 000 Quadratmeter. Ein Teil dieser Expansion betrifft nicht-innenstadtrelevante Sortimentsgruppen (zum Beispiel Möbel, Garten- oder Heimwerkerartikel) und ist damit aus städtebaulicher Sicht in der Regel weniger problematisch. Anderes gilt wenn, wie es in der Region bereits an zahlreichen Orten passiert ist, innenstadtrelevante Sortimentsgruppen in Randlagen oder auf der so genannten „Grünen Wiese“ angesiedelt werden. Solche Ansiedlungen entziehen den Innenstädten Kaufkraft und können leicht zu einem städtebaulich relevanten Attraktivitätsverlust der zentralen Einkaufsbereiche führen.
Bei jedem großflächigen Ansiedlungsvorhaben im Einzelhandel kommt es darauf an, die jeweilige spezifische Situation im Blick zu behalten. Neue Ansiedlungen können im Einzelfall auch bei nicht vollkommen idealer Lage durchaus dazu beitragen, die Attraktivität des Gesamtstandortes weiter zu erhöhen und gegebenenfalls sogar durch Kopplungseffekte eine insgesamt positive Wirkung auch für die Innenstädte zu entfalten. Dies ist um so eher der Fall, je besser die Anbindung zur Innenstadt ist, je mehr nicht bereits am Standort gebundene Kaufkraft im Einzugsbereich vorhanden ist und insbesondere je weniger die Ansiedlung bereits vorhandene Sortimentsstrukturen dupliziert, sondern Lücken im bestehenden Sortiment ergänzt.
IHK BEGRÜSST ENTSCHEIDUNG DES INNENMINISTERIUMS
Die IHK hat gemeinsam mit der Hwk und dem EHV eine ausführliche Stellungnahme zum Planvorhaben Fachmarktzentrum Saarburg abgegeben. Die drei Wirtschaftsorganisationen haben argumentiert, die Ansiedlung eines in Saarburg noch nicht vorhandenen Baumarkts sowie die Verlagerung eines bereits in nicht-integrierter Lage bestehenden SB-Warenhauses gekoppelt mit einem Computer-/Elektrofachmarkt könnte dazu beitragen, die Konsumenten stärker an den Standort Saarburg zu binden, ohne dass gleichzeitig das Fachmarktzentrum die Saarburger Innenstadt städtebaulich in einem erheblichen Umfang schädigen würde. Um Letzteres sicher zu stellen, haben sich IHK, Hwk und EHV gegen die Ansiedlung der geplanten weiteren Fachmärkte mit innenstadtrelevanten Sortimenten ausgesprochen. Eine Umfrage der IHK unter Saarburger Einzelhändlern hatte zuvor ergeben, dass eine Reihe der Kaufleute durch die ursprünglich geplante Fachmarktansiedlung zwar eine Stärkung des Gesamtstandorts für möglich hielten, die Mehrheit der Befragten jedoch im Hinblick auf die Auswirkungen der Neuansiedlung für die Innenstadt Saarburgs skeptisch gestimmt waren. Letzteres bestätigte auch eine Umfrage des Saarburger Gewerbevereins. Zudem hatte die IHK mehrere Gespräche vor Ort geführt, um eine ausgewogene und fundierte Einschätzung abgeben zu können. In seinem Zielabweichungsbescheid ist das rheinland-pfälzische Innenministerium der von IHK, Hwk und EHV abgegebenen Stellungnahme inhaltlich gefolgt. Die Festlegungen des Zielabweichungsbescheids sind für die nachfolgende kommunale Planung bindend. Neben dem verlagerten SB-Warenhaus sind somit nur der Baumarkt und ein Elektro-PC-Fachmarkt am neuen Standort zulässig. Innenstadtprägende Sortimente wie Schuhe, Textilien und Drogeriewaren dürfen nicht zusätzlich in Fachmarktform angesiedelt werden.
Dr. Matthias Schmitt