Der Fachkräftemangel in den technischen Berufen ist heute nicht mehr zu übersehen. Insbesondere Ingenieurstellen können heute häufig nicht mehr besetzt werden und die Aussichten für die Zukunft sehen dramatisch aus. Es ist von einer Verdopplung der unbesetzten Stellen in den nächsten fünf Jahren auszugehen. Für den Industriestandort Deutschland bedeutet dies, dass bereits in den vergangenen Jahren ein Wertschöpfungsverlust in Milliardenhöhe zu verzeichnen ist.
Nicht zuletzt durch das aktuelle Schulreformgesetz mit dem Schlagwort „Realschule Plus“ versucht das Land Rheinland-Pfalz, der Entwicklung entgegenzuwirken. Seit ca. fünf Jahren besteht in der Region die Möglichkeit des Dualen Studiengangs, in dem die Stärken von Ausbildung und Studium zeitoptimiert miteinander verknüpft werden. Die Kandidaten mit Zugangsvoraussetzung Fachhoch-schulreife können innerhalb von vier Jahren die Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik und den Bachelor im Bereich Elektrotechnik absolvieren. Die Ausbildung beginnt mit einem betrieblichen Jahr und geht ab dem zweiten Ausbildungsjahr in die Kooperation mit der Fachhochschule über. Ab diesem Zeitpunkt finden betriebliche Phasen nur noch in den vorlesungsfreien Zeiten statt. Nach drei Jahren wird die Ausbildung durch die IHK- Prüfung abgeschlossen und das vierte Jahr kann voll und ganz dem Studienabschluss gewidmet werden. Diese Art des Studiums bringt eine Zeiteinsparung von zweieinhalb Jahren für den Teilnehmer und den Ausbildungsbetrieb mit sich. Der Teilnehmer ist finanziell abgesichert und für das Unternehmen ergibt sich eine starke betriebliche Bindung sowie eine überdurchschnittliche Motivation der Teilnehmer.
IMMER MEHR FIRMEN BETEILIGEN SICH
Die Einführung des Dualen Studiengangs ist möglich geworden durch eine Initiative der RWE AG Trier in Zusammenarbeit mit der FH Trier und die Bereitschaft der Berufsbildenden Schule für Gewerbe und Technik Trier, eine einjährige Beschulung einzurichten. Durch die positiven Rückmeldungen konnte die Anzahl der beteiligten Firmen stark ausgeweitet werden. Mittlerweile sind auch Firmen aus dem Bereich des Handwerks mit dabei – Tendenz steigend.
Ebenfalls im Handwerk wurde vor drei Jahren nach vergleichbarem Muster der Duale Studiengang im Bereich Versorgungstechnik eingeführt. Nach Aussage von Herrn Behr, HWK, ist auch hier die erste Hürde genommen. Alle Teilnehmer haben ihren Gesellenabschluss bereits bestanden.
Nun zu den Zukunftsperspektiven: Weitere Duale Studiengänge werden folgen. An erster Stelle steht der Industriemechaniker (IHK) im Zusammenhang mit dem Bachelor of Engineering (FH), der an zwei Fachhochschulstandorten angeboten wird. In Trier wird die Fachrichtung Maschinenbau mit gleichem Aufbau wie die etablierten Studiengänge Elektrotechnik und Versorgungstechnik angeboten.
In Birkenfeld geht man vollkommen neue Wege. Hier wird die Fachrichtung Produktionstechnik angeboten. In der Kooperation wird ein weiterer Partner integriert. Das Überbetriebliche Ausbildungszentrum (ÜAZ) Wittlich übernimmt in dem für ebenfalls vier Jahre angelegten Konzept ein komplettes Ausbildungsjahr, in dem sowohl ausbildungs- als auch studienrelevante Inhalte vermittelt werden. Die Berufsbildende Schule in Wittlich übernimmt für die ersten zwei Jahre die Beschulung der Teilnehmer. Hier ist ebenfalls eine separate Fachklasse geplant. Der Start für diese neuen Bildungsgänge ist für 2008 geplant. Kritischer Punkt in diesem Zusammenhang ist die minimale Anzahl von Teilnehmern. Wir gehen heute von einer Mindestbeteiligung von zehn Kandidaten aus.
AUSDEHNUNG AUF DEN KAUFMÄNNISCHEN BEREICH GEPLANT
Aus Sicht der bereits angesprochenen Firmen ist dieser Duale Studiengang in direkter Konkurrenz zu den BA- Studiengängen in Baden- Württemberg und des Saarlandes zu sehen. Er bietet allerdings den Vorteil der räumlichen Nähe und der geringen Kosten, da keine monatlichen Studiengebühren anfallen.
Für 2009 gibt es erste Bestrebungen, auch den kaufmännischen Bereich mit zu integrieren. In Kombination mit den in Frage kommenden Ausbildungsberufen „Industriekaufmann /-frau“, „Bankkaufmann /-frau“, „Bürokaufmann /-frau“, „Kaufmann /-frau im Groß- und Außenhandel“ usw. und dem FH- Studiengang im Bereich BWL ergeben sich gute Perspektiven für eine weitere erfolgreiche Qualifizierung von motivierten Fachkräften. Aus Sicht der IHK ist eine engagierte Beteiligung von weiteren Unternehmen notwendig, um die Erfolgsgeschichte der Dualen Studiengänge fortzuschreiben und neue Felder zu integrieren. Das Prinzip ist einfach: Ausbildung und Studium funktionieren wie bisher und durch gegenseitige Anrechnung werden beide Bereiche effizient und zeitoptimiert umgesetzt.
Christian Reuter