Sprungmarken zu den wichtigsten Seitenabschnitten


Hauptinhalt Servicelinks


IHK Trier


Seitenkopf

Seitenhauptinhalt

01.08.2007

Die Nachhaltige Zukunft der Ernährung


Dieser Text ist vom 01.08.2007 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Branchendialog der Nahrungsmittelwirtschaft zeigt Perspektiven auf

Im Besuchercenter der Bitburger Brauerei fand auf Einladung der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz als Folgeveranstaltung des ersten landesweiten Lebensmitteltages nun ein „Branchendialog Ernährungswirtschaft“ für die gesamte Großregion Saar-Lor-Lux statt. Er richtete sich gezielt an Vertreter aus Industrie, Handel, Politik, Verwaltung und Wissenschaft mit der Fragestellung, wie nachhaltige und zugleich am Markt erfolgreiche Nahrungsmittel erzeugt werden können.
Mit Blick auf die EU-Richtlinien betonte Ulrike Höfken, Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Deutschen Bundestag und Abgeordnete der Grünen, dass Politik den Bürgern nicht vorschreiben werde, was sie essen dürfen. Doch Politik könne über gesunde und nachhaltige Lebensstile informieren und entsprechende Rahmenbedingungen setzen. Lokal produzierte Lebensmittel, regionales Einkaufen seitens der Verbraucher, fairer Handel und Verzicht auf gentechnische Behandlung nannte sie als wesentliche Kriterien einer zukunftsweisenden Ernährung.
Dr. Axel Simon, Geschäftsführer der Holding der Bitburger Braugruppe und zugleich Vizepräsident der IHK Trier, akzentuierte darüber hinaus die soziale Verantwortlichkeit der Nahrungsmittelindustrie. Sein Beispiel aus der Praxis: die Aufgabe seines Unternehmens, sich einerseits auf stark veränderte Konsumbedingungen mit aufgeklärteren Verbrauchern einzustellen, andererseits Phänomene wie das überall in Europa grassierende „Komatrinken“ von Jugendlichen nicht durch Werbekampagnen noch zu forcieren: „Wir müssen uns mit der Politik abstimmen, etwa im Bereich Gesundheit und Prävention.“

Der globale Markt bietet keine Chancengleichheit
Angesichts der hohen ethischen Anforderungen bei wachsendem ökonomischen Druck und immer strengeren bürokratischen Auflagen etwa in punkto Kennzeichnungspflicht beklagten viele Teilnehmer des Branchendialogs, dass vor allem kleine Betriebe diese Gratwanderungen kaum noch schaffen können. „Wir sind nicht dazu da, die gesellschaftlichen Fehlentwicklungen zu beheben“, hieß es aus dem Auditorium, „sondern auch unser unternehmerisches Ziel ist es primär, rentabel und gewinnbringend zu arbeiten.“ Heftige Kritik gab es an einer kürzlich durchgeführten Greenpeace-Aktion im luxemburgisch-deutsch-französischen Grenzgebiet in punkto Pflanzenschutzmittel. Die Zulassung solcher chemischen Wirkstoffe sei auf deutscher Seite erheblich strenger geregelt, was zu einer Wettbewerbsverzerrung führe. Negative Ungleichheiten seien innerhalb der EU noch nicht beseitigt, erst recht nicht im Hinblick auf den gesamten Welthandel mit Nahrungsmitteln. Karl-Heinz Engel, Hauptgeschäftsführer der Hochwald Nahrungsmittelwerke, stellte auch die deutsche Haltung zur Gentechnik in Frage: „Überall auf der Welt sind gentechnisch veränderte Lebensmittel zugelassen. Können wir es uns also angesichts der Globalisierung leisten, uns dort zu verweigern?“ Das steigende Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher kreiere insgesamt einen „merkwürdigen Markt“ mit vielen Widersprüchen, denn trotz der verbreiteten Sehnsucht nach dem Idealgewicht würden vor allem stark gezuckerte Dickmacher gekauft.
Doris Hayn vom Institut für Sozial-Ökologische Forschung in Frankfurt, die zum Thema „Der Alltag als Ausgangspunkt einer Ernährungswende“ referierte, betonte hierzu, dass das biochemische Fachwissen im Prinzip bei vielen Konsumenten vorhanden, aber nicht von „alltagstauglicher Relevanz“ sei. Ihre Forderung an die Ernährungswirtschaft war es vor diesem Hintergrund, mehr Lebensführungskompetenz zu vermitteln und sich nicht mit vereinzelten Informationen zu bestimmten Produkten zu begnügen.

IHK-Branchendialog wird fortgesetzt
Die Komplexität der Ansprüche an die Nahrungsmittelproduzenten geht jenseits politischer Rahmensetzung durch nationalstaatliche und EU-Vorgaben sowie durch gesellschaftliche Entwicklungen noch weiter. Innovative Verpackungsdesigns und neue Marktnischen – etwa im Bereich functional food – wurden beim Branchendialog ebenso intensiv diskutiert, sie gehören zu einer umfassenden Strategie, die immer mobileren und immer bequemeren Verbraucher weiterhin zu erreichen. Praktische Gestaltungsvorschläge für moderne Lebensmittel und bisweilen auch provokante Neuschöpfungen aus dem Studienfach Design-Körper-Raum an der FH Trier waren im Foyer des Besucherzentrums ausgestellt, zudem präsentierte Professorin Anita Burgard einige der ideenreichsten und spektakulärsten Arbeiten ihrer Studenten. Die Fachhochschule Trier und das Euro Info Centre sowie mittelständische Unternehmen zeigten Ausschnitte aus ihren für die Branche relevanten Arbeitsfeldern. Bereits marktfähige Produktneuerungen wie das „Miezen-Brot“ der Bäckerei Crames-Jakoby aus Dudeldorf konnten im Rahmen des Branchendialogs auf ihren Geschmack hin getestet werden und fanden den verdient großen Anklang.
„Wir werden diesen fachlichen Austausch, der in Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten zahlreiche Unternehmen und deren Mitarbeiter betrifft, in Zukunft regelmäßig fortsetzen“, kündigte Mitinitiator Dr. Simon angesichts des steigenden Bedarfs an Diskussion und Information innerhalb der Nahrungsmittelindustrie an. Besonders in der Ernährungswirtschaft seien die „Halbwertzeiten“ von Innovationen immer kürzer, was stetig sinkende Deckungsbeiträge für die Unternehmen nach sich ziehe: „Hier brauchen wir schlankere Produktionsprozesse und schnelleres Denken in den Führungsetagen“, umriss er die Notwendigkeit, sich auf rasch wechselnde ökonomische und ökologische Bedingungen einzustellen. „Wir halten es seitens der IHK deshalb für wichtig, dass Unternehmen, hochrangige Entscheidungsträger und Experten aus allen Nahrungsmittelsparten und der Forschung und Wissenschaft Fachwissen und praktische Erfahrungen austauschen. Auf diese Weise werden neue Strategien und Projekte entwickelt. Wenn dieser IHK-Branchendialog dafür Impulse vermittelt, ist ein guter Schritt zur weiteren Gestaltung der Ernährungswirtschaft in unserem Land getan.“

Seitenfuß