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  • Harter Wettbewerb im Weinregal – Discounter profitieren

    Weinkonsumenten reagieren preissensibel wie nie. Neue kreative Konzepte gefragt.

  • Foto: Albrecht Ehses
    Wein & Tourismus

    Albrecht Ehses

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    Fax: 0651 9777-965
    ehses@trier.ihk.de

Die schwierige konjunkturelle Situation und das sich verändernde Kaufverhalten der Konsumenten hat auch die Weinbrache eingeholt. Lange Zeit konnte sich Wein zu einem der wenigen Konsumgüter zählen, das von der Kaufzurückhaltung verschont blieb und auch bei den Preisen hatte der mittlere Bereich zwischen 2 und 5 € pro Flasche deutlich punkten können. Die Vertreiber anderer alkoholischer Getränke blickten neidvoll auf ihre Weinkollegen. Immer weniger gaben die deutschen Haushalte für Spirituosen, Sekt und Bier aus, dafür immer mehr für das Lifestyle-Getränk Wein. Der Handel war ebenfalls zufrieden, da der Wein ihm wachsende Umsätze bei guten Margen und rentablen Spannen bescherte.

Diese Zeit scheint nun vorbei zu sein. Die Weinkonsumenten reagieren preissensibel wie nie und die Endverbraucherpreise für Eingangsqualitäten sind im Handel bei 1,39 und 1,99 € pro Flasche wie fest zementiert. AC Nielsen, Frankfurt, berichtet in seinem für das erste Halbjahr 2005 erstellten Handelspanel, dass der Weinabsatz im deutschen Lebensmittelhandel (LEH) – ohne Aldi – wieder leicht um 2,3 Prozent gestiegen ist, doch bei IRI Information Resources, Nürnberg, weisen die erfassten Weinabsatz- und Umsatzzahlen eher nach unten. Trotz dieser uneinheitlichen Ergebnisse stimmen die Marktforschungsinstitute doch in einigen wesentlichen Punkten überein: Die Discounter haben sich erneut überproportional entwickelt und weitere Marktanteile zu Lasten anderer Vertriebkanäle gewonnen. Der Absatz ist stärker gewachsen als der Umsatz, die Durchschnittspreise sind gesunken. Und: Deutsche Weine konnten ihre Marktbedeutung im eigenen Land wieder ausbauen.Kleine Geschäfte und Direktvermarktung verlieren80 Prozent aller in Deutschland getrunkenen Weine werden über den Handel abgesetzt. Die Zahlen aus dem GfK Consumer Panel zeigen, dass Aldi, Lidl, Norma, Netto & Co. in den letzen Jahren die Gewinner waren. Sie konnten ihren Absatzanteil seit dem Jahr 2000 von 37 auf über 48 Prozent steigern. Allein Aldi hat einen Anteil von 24 Prozent an dem in Deutschland verkauften Wein. Der traditionelle LEH und die Verbrauchermärkte haben in den letzten fünf Jahren leichte Anteile verloren (- 3,3 Prozent) und halten einen Anteil von 15 Prozent des Gesamtmarktes. Deutliche Verluste zeigen die kleinen Absatzmittler im LEH. Besonders betroffen sind die Geschäfte unter 200 und von 200 bis 399 qm - vorwiegend auf Grund von Geschäftsaufgaben. Die SB-Warenhäuser konnten mit einem Absatzplus von rund 7 Prozent durchaus zulegen und machen einen Anteil von 16 Prozent aus. Auch hier wurde sich das Mengenwachstum teilweise mit niedrigeren Preisen als im Vorjahr erkauft. Das Absatzwachstum im LEH geht laut GfK zu Lasten anderer Vertriebskanäle. Noch vor der Veröffentlichung ihrer neuesten Halbjahreszahlen berichtet Elisabeth Hänle, GfK-Marketing Consultant, dass Wein insgesamt 4,5 Prozent an Absatzvolumen und wertmäßig 7,5 Prozent eingebüßt hat. Dabei seien es vor allem die Nicht-LEH-Kanäle wie der Direktbezug vom Winzer oder der Verkauf im Fachhandel, die weiter an Absatzanteilen verlieren. Der Weinfachhandel hält an der Gesamtvermarktung noch bescheidene 4 Prozent. 17 Prozent der Verbraucher kaufen ihre Weine noch direkt beim Winzer.Der Preissturz bei manchen Eckartikeln und die permanenten Rabattschlachten im Handel dürften mit dafür verantwortlich sein, dass der Durchschnittspreis innerhalb eines Jahres von 2,11 auf 2,08 Euro pro Flasche geschrumpft ist. Besonders deutlich wird dies beim Rotwein. So sind beispielsweise bei Dornfelder oder Chianti die Preise um 20 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Es verwundert also nicht, dass, obwohl sich der Rotweinabsatz um 1,4 Prozent erhöhte, der Umsatz in diesem Segment um 1 Prozent zurückging. Deutlich zulegen konnte erfreulicherweise deutscher Rotwein (plus 17 Prozent), der damit Frankreich überholt hat und den Platz des Marktführers mit 23 Prozent Marktanteil belegt. Rotwein macht mittlerweile über 53 Prozent des Absatzes und 60 Prozent des Weinumsatzes im LEH aus.Ein etwas günstigeres Bild gaben im ersten Halbjahr die Weißweine ab. Absatz und Umsatz konnten um 3,3 Prozent gesteigert werden. Ziemlich stabil blieb hier der Absatz deutscher Weißweine, die damit ihren Marktanteil von 51 Prozent halten. Enorm zugelegt haben Italien (25,1 Prozent) und Österreich (19,9 Prozent), in ähnlichen Größenordnungen auch Ungarn, Australien und Rumänien.Insgesamt geht aus der jüngsten Erhebung Italien als der große Gewinner hervor (plus 12,6 Prozent). Aber auch das im vergangenen Jahr bereits massiv gesteigerte Angebot an günstigen „Neue-Welt-Weinen“ hat sich im Markt etabliert und hält heute einen Anteil von 7 Prozent.Billig und Premium – die Mitte schrumpftFast die Hälfte aller Weine werden im Preiseinstiegsbereich bis 1,99 Euro je Flasche eingekauft. 87 Prozent des Weineinkaufs gehen zu Preisen bis 3 Euro über die Theke. Doch der Preis ist zur Einschätzung der künftigen Einkaufsentwicklung nicht das allein entscheidende Kriterium. Auch die Demographie, die steigende Mobilität und die Veränderungen der Essgewohnheiten wirken sich beispielsweise auf das Einkaufsverhalten aus. Der Anteil der Single-Haushalte wächst und hat in Großstädten bereits die 50-Prozent-Marke überschritten. Die Konsumenten reagieren immer differenzierter in ihrem Kaufverhalten. Nach Einschätzung von Trendforschern ist der moderne Verbraucher von heute ein „hybrider Konsument“, das heißt er ist gleichzeitig anspruchsvoll und preissensibel, erlebnishungrig und bequem, individualistisch und markenorientiert. Das macht weitere Prognosen nicht einfacher. Einen Versuch im Weinmarkt etwas nach vorne zu blicken, hat Wilhelm Lerner, Wine-Networks, Rüdesheim, gewagt. Seine Szenarien zur Nachfrage 2010 gehen davon aus, dass das „Billigzeitalter“ auch den Weinmarkt weiter beherrschen wird. Der Mengenanteil des Discounts wird sich nach seiner Einschätzung auf 50 bis 55 Prozent erhöhen. Derartige Erwartungen stützen die These, dass sich die Marktspaltung beschleunigt. Insbesondere das mittlere Preissegment wird verlieren. Neben der Dominanz der günstigen Discountangebote ist davon auszugehen, dass sich eine besondere Präferenz für Premiumartikel entwickelt. So konnte die Talfahrt des Segments über 5 Euro bereits gestoppt werden. Das heißt hochpreisigeren Weinen wird wieder mehr Interesse und Aufmerksamkeit von einem zahlungskräftigen Publikum entgegen gebracht. Authentische regionale Weine, die gerade von Riesling, Rivaner oder Burgundersorten abgedeckt werden können, werden nach und nach internationale Standard eine wie Chardonnay oder Sauvignon und Cabernet oder Merlot ablösen. Und noch spezieller, ideeller und individueller: Die Terroirweine. Hier wird dann Wein nicht nur zum Kultur- sondern auch zum Kultprodukt. Chancen für Wertwachstum im deutschen Weinmarkt sind also vorhanden. Unsichere Einsteiger aus der Gruppe der jüngeren Weinkäufer gilt es bei den Discountern abzuholen und zu unkomplizierten oder weiter zu anspruchsvollen Weintrinkern zu machen. Eine Aufgabe, die von allen Beteiligten innovative Ideen und Konzepte fordert. Weinunternehmen arbeiten an kreativen KonzeptenDie Weinvermarkter werden sich auf umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen einstellen müssen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Kosten müssen minimiert und Erlöse optimiert werden. Das gebotene Preis-Qualitätsverhältnis steht im Ranking bei den Weineinkäufern ganz oben. Hinzu kommen Schnelligkeit und Flexibilität sowie Sortimentsbreite, -tiefe und –kompetenz. Die Produktion ist noch stärker auf die Anforderungen des Marktes auszurichten. Für bestimmte Anbieter kann es sinnvoll sein, sich aus der Flaschenweinvermarktung zu verabschieden und sich voll auf die Produktion zu konzentrieren, zumal die Betriebsstruktur in den wenigsten Fällen geeignet sein dürfte, die wenigen verbleibenden Handelsriesen kontinuierlich zu beliefern. Arbeitsteiligen Strukturen zwischen Produktion, Weinbereitung und Vermarktung gehört die Zukunft. Alles keine leichten Aufgaben, zumal gleichzeitig die Kosten für Produktion, Qualitätssicherungssysteme, Energie, Logistik, Personal, Marketing und Vertrieb ständig weiter steigen. Die kreativen Köpfe in den Unternehmen suchen ständig nach neuen Marketingkonzeptionen, um den international orientierten Konsumenten passende Angebote präsentieren zu können. Einige sehen ihre Marktchancen in der Umsetzung von Markenweinkonzepten. Denn Weinmarken liegen im Schnitt 1,30 Euro höher als der Durchschnittspreis von 1,65 Euro für eine Flasche Wein im Discount. In eine ähnliche Richtung wirken die sogenannten „Winzermarken“ als Weine, die mehr Wert auf Herkunft, Rebsorte und Geschmacksrichtung legen. Marktexperten versprechen den Vermarktern Erfolge, die ihren eigenen Weinguts- oder Firmennamen zur Marke machen. Mag sein, dass hier Weine aus dem Ausland auf den ersten Blick noch Wettbewerbsvorteile haben. Aber anstehende Verschlankungen der Sortimente in den Weinregalen bieten neue Chancen für eine stärkere Einbindung regionaler Weinerzeuger und -vermarkter, die ihren Weinen bereits ein attraktives Erscheinungsbild und ein klares Produktprofil gegeben haben. Weinverkaufsstellen werden zunehmend zu weinbezogenen Erlebniswelten, die mit hoher Weinkompetenz und kundenfreundlichem Service dem doch eher nüchternen und uniformen Angebot der Discounter Paroli bieten. Die Palette wirkungsvoller Instrumente zur Kundenfindung und –bindung ist schier unerschöpflich. Doch die Zeit zum Handeln drängt. Hier sind Erzeuger, Hersteller und Handel gleichermaßen aufgefordert, über eine moderne, sympathische und emotionale Kommunikation dem deutschen Weinmarkt neue Impulse für profitables Wachstum zu geben.

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