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10.03.2022

Der Aufhebungsvertrag und das Gebot fairen Verhandelns

„Ein Aufhebungsvertrag kann unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen sein. Ob das der Fall ist, ist anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme seines Angebots abhängig macht, stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB dar, auch wenn dies dazu führt, dass dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit verbleibt noch der Arbeitnehmer erbetenen Rechtsrat einholen kann.“

So lauten die ersten Worte der Pressemeldung des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil vom 24. Februar 2022, Az.: 6 AZR 333/21.

Was war passiert?


Am 22. November 2019 führten der Geschäftsführer und der spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten, der sich als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht vorstellte, im Büro des Geschäftsführers ein Gespräch mit der als Teamkoordinatorin Verkauf im Bereich Haustechnik beschäftigten Klägerin. Sie erhoben gegenüber der Klägerin den Vorwurf, diese habe unberechtigt Einkaufspreise in der EDV der Beklagten abgeändert bzw. reduziert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln.

Die Einzelheiten des Gesprächsverlaufs sind strittig. Fest steht, dass die Klägerin nach einer zehnminütigen Pause den vorbereiteten Aufhebungsvertrag unterschrieb, mit welchem das Arbeitsverhältnis zum 30.November 2019 endete. Mit Erklärung vom 29. November 2022 focht sie den Vertrag wegen widerrechtlicher Drohung an.

Widerrechtliche Drohung?

Im folgenden Gerichtsverfahren behauptete die Klägerin, hätte es den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet, wäre Ihr die außerordentliche Kündigung sowie eine Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Sie habe auch keine längere Bedenkzeit oder Möglichkeit, Rechtsrat einzuholen, bekommen. Das verstieße gegen das Gebot fairen Verhandelns.

Während Sie vor dem Arbeitsgericht noch Erfolg hatte, zerschlugen die Folgeinstanzen die Rechtsauffassung der Klägerin. Selbst wenn man das Vorliegen einer Drohung unterstellt, war diese nicht widerrechtlich. Ein verständiger Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen. Die Entscheidungsfreiheit der Klägerin wurde auch nicht dadurch verletzt, dass die Beklagte den Aufhebungsvertrag entsprechend § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zur sofortigen Annahme unterbreitet hat und die Klägerin über die Annahme deswegen sofort entscheiden musste. Insofern handelte die Beklagte rechtmäßig, die Anfechtung des Aufhebungsvertrages ging ins Leere.

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