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WeinVision 2020 - Ein Meinungsbild der gewerblichen Weinwirtschaft

Marktorientierung - Innovation - Unternehmensphilosophien

Die Trends und Entwicklungen am Markt sind für die marktorientiert arbeitenden Unternehmen der Weinwirtschaft richtungweisend und eine ständige Herausforderung für ihre Entscheidungen. Der enorme Wettbewerbsdruck, der auf allen Märkten herrscht, zwingt die Unternehmen, ständig neue Nischen zu suchen und neue kreative Konzepte zu entwickeln. Dabei trägt gerade die Entwicklung hin zu einem höheren Discountanteil international zu noch mehr Preisdruck und Billigangeboten bei. Was geschieht, um im harten Wettbewerb bestehen zu können"
Die Weinvermarkter suchen nach neuen Marketingkonzeptionen, um den international orientierten Konsumenten passende Angebote präsentieren zu können. Mit der Einführung neuer Relaunch- oder Profilweine sind neue Qualitätsmaßstäbe gesetzt worden, die auch eine intensivere organisierte Zusammenarbeit zwischen Erzeugern und Vermarktern erfordern. Dabei stehen die Önologen in Kontakt mit den Winzern und besprechen Produktionsabläufe bis hin zur Bewirtschaftung des Weinbergs. Hier profitieren beide Seiten: der Winzer, der einen verlässlichen Abnehmer hat und die Kellerei, die aufgrund von Absprachen das gewünschte Erzeugnis erhält.
Viele Weinanbieter haben engagiert in eigene Firmenmarken investiert und damit für deutsche Weine einen Aufbruch zu neuen Qualitäten und Weinstilen eingeläutet. Es wird in modernste Technik und Tankanlagen investiert. Dies alles geschieht, um die Weine, die deutlich an Absatz verlieren (wie Großlagenweine oder Liebfraumilch), nach und nach abzulösen durch neue attraktiv aufgemachte Erzeugnisse. Obwohl der Anteil dieser Weine stetig wächst, so können die Unternehmen nicht überstürzt handeln. Abgesehen von hohen lnvestitionen in Logistik und Produktentwicklung ist immer die Frage nach der Antwort des Marktes zu stellen.

Die Vision: Der Handel im In- und Ausland nutzt dieses Innovationsklima, in dem er die neuen Artikel deutscher Herkunft herausstellt und ihnen eine Chance im mittleren und oberen Preissegment gibt. Attraktive verpackungs- und verbrauchergerechte Inhaltsqualität lassen eine bessere Kalkulation und Spanne zu. Der Konsument findet Gefallen an den neuen Weinstilen und dem neuen Marktauftritt deutscher Weine und trifft die entsprechende Kaufentscheidung. Dadurch gewinnt der Trend bei den Kellereien, die Weinerzeugung stärker in die eigenen Hände zu nehmen, zusätzlich an Schwung.
Die Weinwirtschaft sollte auf diese innovativen Konzepte der Unternehmer setzen! Hier liegen die Chancen einer neuen höheren Wertschöpfung für alle Beteiligten. Genau diese Projekte - die im Übrigen hohe einzelbetriebliche Marketingkosten verursachen " dürfen nicht durch hausgemachte Restriktionen, brancheninterne Kontrollmechanismen und zusätzlichen bürokratischen Aufwand blockiert werden. Höhere Kosten kann sich niemand leisten. Der Markt arbeitet mit Markt- und nicht mit Kostenpreisen!

Konsument und Markt im Mittelpunkt

Der Konsument steht im Zentrum aller Überlegungen. Gemeinsam mit dem Handel werden künftig Weinkonzeptionen umgesetzt, die in der Kommunikation auf Modernität, Lifestyle und Emotionen setzen und sich dem gesellschaftlichen Wandel anpassen. Dabei Qualitätsstrategien zu kommunizieren, ist wenig zielführend, da der Kunde Qualität als Grundvoraussetzung begreift. Obwohl die Qualität heute so hoch wie nie ist, sinkt der Erlös für die Produzenten und Vermarkter.
Die Preisgrenzen sind fest und lassen sich selbst über höhere Qualitäten schwer steigern, im Gegenteil: Der Anteil von Weinen in der niedrigen Preisklasse unter 1,50 " steigt deutlich. Alle Einkaufsstätten außer den Discountern verlieren Marktanteile. TOP-Konzerne im LEH dominieren und diktieren das Geschehen. Sortimente werden gestrafft und Lieferanten scheiden aus. Dabei gewinnt das Segment von 2,50 " bis 5 "/0,75 l enorm an Bedeutung. Die Summe aller Weinverkäufe in Deutschland bis 5 " wird 90 Prozent des gesamten Weinverkaufs umfassen.

Die Vision: Es wird eine fortschreitende Marktspaltung geben. Dabei wird das Einstiegspreissegment seine Bedeutung behalten. Die Hoffnung ist, dass sich immer mehr Weinvermarkter an den Erfolgspunkten eines zeitgemäßen Marketings orientieren. Sie setzen stärker auf Markenweine oder Weine mit Markencharakter, nicht mehr auf die Produktvielfalt. Dabei werden Konzeptmarken professionell erarbeitet und in Verbindung mit regionalem Bezug an Bedeutung gesteigert.
Die heute noch vorhandene Produktorientierung wird zu Gunsten einer Konsumentenorientierung verlieren. Konsequente Zielgruppenforschung  führt zu exakten Zielgruppenkonzepten u.a. mit darauf abgestimmten Ausstattungen. Solche Konzepte, Profilweine und Ausstattungen werden nicht von der Branche, sondern von leistungsfähigen Unternehmen kreiert.

Gute fachliche Praxis der Herstellung - kein Regelwerk sondern Voraussetzung

Maßnahmen von der Qualitätssicherung bis zum Qualitätsmanagement sind von den weinwirtschaftlichen Unternehmen in Eigenverantwortung zu gestalten und umzusetzen. Kooperationsvereinbarungen basieren auf privatrechtlichen Absprachen oder Verträgen zweier oder mehrerer Partner. Diese individuelle Ausgestaltung der engen Zusammenarbeit muss auch künftig erhalten bleiben und darf nicht durch einheitliche Verfahrensmuster - womöglich sogar gesetzlich fixiert und kontrolliert - wieder blockiert werden.
Vertragsweinbau kann nur ein Teil des Ganzen sein und funktioniert nur dann, wenn fest einplanbare Absatzbeziehungen zum Handel bestehen, in denen Firmen-/Marken und /oder firmeneigene Qualitätskonzepte umgesetzt werden, die vom Markt / Kunden / Konsumenten akzeptiert werden und dies auch nur auf privatrechtlicher Ebene und nicht durch Zwang und Reglementierung.
Seitens der Marktpartner im Handel im In- und Ausland werden Vorgaben entwickelt, die seitens der Anbieter umzusetzen sind. Aus Wettbewerbsgründen werden hier in unterschiedlichen Vertriebskanälen und produktspezifisch voneinander abweichende Kriterienkataloge entwickelt. Grundsätzlich gilt dabei: Qualität ist eine Geschäftsvoraussetzung.

Hier brancheninterne langwierige Abstimmungsprozesse einzuleiten und daraus allgemeinverbindliche Branchenempfehlungen auszusprechen, bringt am Markt weder für den einzelnen Anbieter noch für die Branche insgesamt Vorteile. Ein Mehr an Qualität bringt nicht automatisch mehr Erlös ("naive Strategie").

Unsere Vision: Ein allgemeiner Leitfaden für eine gute fachliche Praxis der Weinherstellung ist von allen Branchenbeteiligten akzeptiert und wird ständig weiterentwickelt. Die neue Winzergeneration ist gut ausgebildet und die Erzeugerbetriebe sind technologisch auf einem Niveau, das internationalem Standard entspricht und diesen teilweise übertrifft. Eine Produktions-/Vermarktungskette entwickelt sich den Erfordernissen des Marktes entsprechend Schritt für Schritt weiter. Die einzelnen Vermarkter geben hier die Kriterien vor und können diese jederzeit flexibel unternehmernah anpassen.

Restriktionen hinterfragen und mehr Freiheiten schaffen

Alle weinrechtlichen Vorschriften, die in die Weinvermarktung eingreifen bzw. diese hemmen und blockieren, sind zu überprüfen. Der Gesetzgeber sollte sich auf einen rechtlichen Rahmen zurückziehen, der auf Marktorientierung abzielt und Wettbewerbsgleichheit sichert. Die Weinwirtschaft ist gut beraten, künftig noch weniger auf den Staat und mehr auf den Markt und damit verbundene unternehmerische Freiräume zu setzen.
Beispielhaft seien einige Punkte aufgezählt, die mehr Flexibilität durch vereinfachte Regelungen bringen:

Die Hektarertragsregelung wird so vereinfacht, dass für Qualitätsweine Ertragsmengen festgelegt werden. Bei Überschreitung von mehr als 20 Prozent  dieser Grenzwerte (= Tafelwein), ist die Gesamternte auf Tafelwein abzustufen.
Qualitätsweinprüfungen sichern die analytische und sensorische Basiskontrolle (Fehlerfreiheit) auf einfache Weise. Sie sind nicht mehr "amtlich" und können von "Beliehenen Unternehmern" (Weinlabors) durchgeführt werden.
Für Rheinland-Pfalz: neben den bestehenden Anbaugebieten schafft ein Gebiet "Rhein" die Möglichkeit, gebietsübergreifende Weinmarken und Rebsortencuvées zu vermarkten.
Für (Prädikats-)Weine wird die Einschränkung auf die Herkunft des "Bereichs" gestrichen.
Der verpflichtende Abschluss von Vereinbarungen und deren Meldung zu festen Terminen z.B. bei Classic sind bürokratisch und nicht marktgerecht.
Das Weinbezeichnungsrecht mit den neuen Möglichkeiten zur Beschreibung der Herstellung und der Weincharakterisierung wird liberal gehandhabt.

Die Vision: Die Politik schafft Rahmenbedingungen, die es den einzelnen Anbietern ermöglichen unter wettbewerbsgleichen Bedingungen zu arbeiten. Ein einfach nachzuvollziehendes Regelwerk belässt ausreichend Handlungsspielräume und bevorzugt nicht einzelne Branchengruppen. Die EU-Kommission wendet deutlich stärker das Subsidiaritätsprinzip an, mit dem Ziel, möglichst viel Eigenverantwortung in die Regionen zu verlagern. Langwierige Ausnahmeregelungen sind dadurch entbehrlich, schnelle, qualitätsorientierte Entscheidungen werden nicht mehr blockiert und Wettbewerbsnachteile gegenüber den Produzenten und Vermarktern der "Neue-Welt-Weine" sind ausgeräumt.

"Pyramide" als Teil der Unternehmensstrategie

Die Konsumenten haben über z.T. Jahrzehnte die heutigen Wein-Begriffe gelernt. Die Neukreation des Begriffes "Classic" hat gezeigt, wie schwer es ist, dem Konsumenten einen Neues zu kommunizieren. Eine völlige Neuordnung ist nicht zu vermitteln, weder nach innen und noch viel weniger nach außen. Von einer Neuordnung ist eher zu erwarten, dass die Kategorien (wie Prädikate) immer mehr an Bedeutung verlieren. Hochwertige Cuvées, eigene Firmenmarken oder reine Rebsortenweine sind etabliert. Diese positiven Ansätze würden mit einer Neuordnung behindert.
Eine einfache Aufteilung in "Basis", "Premium" und "SuperPremium", reicht aus. Dieses entspricht der Internationalisierung einerseits und lässt genügend Spielraum für die Vielfältigkeit des Angebots. Dabei hat jeder Hersteller die Möglichkeit, in allen Segmenten tätig zu sein. Auch hochwertige Cuvées müssen im Premiumbereich möglich sein. Ein Zwang, in die Kategorie Tafelwein ausweichen zu müssen, ist kontraproduktiv. Gleiches gilt für einen Ausschluss der Verwendung einer Rebsortenangabe in diesem Segment.
Eine Geschmackskennzeichnung aller Weine kann hilfreich sein. Dem Anbieter ist es dabei zu überlassen, dies in Form von Geschmacksangaben oder anderen, frei wählbaren, Orientierungsmerkmalen zu tun.

Die Vision: Eine allgemein angewandte drei-stufige Pyramide steckt den groben Rahmen für einzelne Segmente ab, die z.B. entsprechenden Werbestrategien dienen. Das Produkt selbst ist das entscheidende Kriterium für eine Zuordnung zu einer Gruppe, nicht ein Herstellungsweg, eine spezielle Branchenvereinbarung oder eine Herstellerkategorie.
Dabei entwickeln die Unternehmen ihre individuellen "Firmen-Pyramiden" als Teil ihrer Strategie. Dem Verbraucher wird u.a. durch Marken und eine verbesserte Geschmacksbeschreibung eine Orientierung geboten. Dabei geht der Weg von Branchenmarken (produktorientiert, regionale Authentizität) verstärkt zu Markenweinen (konsumorientiert, professionelle Marke) und Konzeptmarken (professionelle Marke plus Authentizität). Markenwein und Qualitätswein sind dabei keine Gegensätze!

Distribution und Kommunikation sind wesentliche Kernelemente

Die heutigen Vertriebswege und die vielfältigen, oft unübersichtlichen, Weinangebote entsprechen in weiten Teilen nicht mehr den Anforderungen der Handelspartner. Diese richten sich immer mehr nach dem Modell der Discounter aus, in dem sie Sortimente straffen, Profile schärfen und bestimmte Rebsorten, Weinregionen oder markenähnliche Weine forcieren. Hier gilt es, Konzepte anzubieten. Dies geht einher mit einer zielgruppenorientierten Kommunikation. VKF-Maßnahmen und Verkostungen am Regal gewinnen weiter an Bedeutung.

Unsere Vision: Durch Markenkonzepte, Sortimentsabgrenzungen, Produktprofilschärfung und verbesserte Abstimmungen mit dem (LEH-) Handel im In- und Ausland wird die Distribution verbessert und ausgebaut. Dabei werden im Rahmen verstärkter Kommunikation neben dem Handel auch die Mitarbeiter in der Gastronomie intensiver geschult und informiert.
Dies erfolgt durch weiterbildende Maßnahmen von Seminaren über Verkostungen bis hin zu Marketingmaßnahmen. Multiplikatoren werden z.B. durch Kooperationen verstärkt genutzt. Die Kommunikation wird nach den maßgeblichen Bedürfnissen der Vermarkter und des Handels ausgerichtet.

FAZIT
Als Grundvoraussetzung einer Vision wird die wirtschaftliche Selbstverantwortung angesehen, d.h. unternehmerische Entscheidungen müssen zum gewollten Ziel, der Steigerung der Wertschöpfung aller Beteiligten, führen. Dabei haben staatliche Reglementierungen und Restriktionen weitgehend in den Hintergrund zu treten und dürfen nur den gesetzlichen Rahmen definieren. Zusätzliche Regelungen bedingen keine höheren Preise am Regal. Die Zielorientierung setzt auf zeitgemäßes und konsumentenorientiertes Marketing. Die Straffung von Produktvielfalt und die verstärkte Ausrichtung auf Firmen-Marken mit weinregionalem Bezug stehen im Mittelpunkt. Qualität im Sinne fehlerfreier Produkte wird vorausgesetzt. Qualitätsstrategien werden eigenverantwortlich und partnerschaftlich zwischen Erzeugern und Vermarktern aufgebaut. Über Qualität entscheidet schließlich der Konsument. Reglementierungen, auch brancheninterne, helfen nicht weiter. Sie steigern die Kosten ohne positiv auf die Preise zu wirken. Attraktive Ausstattungen und verbraucherorientierte Qualität gepaart mit unternehmerischer Innovationskraft müssen den Handel überzeugen, deutsche Weine bedarfsgerecht dem Endverbraucher zu präsentieren. Professionelles Marketing wird mit über die Zukunft der deutschen Weinwirtschaft entscheiden.

Dieses Meinungsbild wird seitens der IHK Trier für den DIHK in den Abstimmungsprozess des Forums der Deutschen Weinwirtschaft zur DeutschWeinVision 2020 eingebracht.

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