Petersberger Industriedialog 2013
Ungelöste Euro-Schuldenkrise, schwer kalkulierbare Preisentwicklungen bei Energie und Rohstoffen: Dies sind zwei der Faktoren, die bei zahlreichen mittelständischen Unternehmen trotz aktueller Erfolge zu Verunsicherungen über die mittelfristige wirtschaftliche Entwicklung geführt haben. Vor diesem Hintergrund wollte der „Petersberger Industriedialog“ Strategien aufzeigen, mit denen sich der Mittelstand in einem Umfeld unsicherer Märkte durch mutiges, agiles Handeln behaupten kann. Einige Kernelemente dieser Strategien wurden im Thema der Veranstaltung benannt: Kundennutzen schaffen, flexibel produzieren, Finanzkraft stärken.
Rund 200 Personen - vor
allem Geschäftsführer und Führungskräfte aus dem industriellen Mittelstand -
kamen zum achten „Petersberg Industriedialog“ am 19. Juni 2012. Die
Veranstaltung ist eine Kooperation der Industrie- und Handelskammern in
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowie der Stiftung Industrieforschung.
In seiner
Begrüßungsansprache bezeichnete
Paul
Bauwens-Adenauer
, Präsident der IHK NRW – Die Industrie- und
Handelskammer in Nordrhein-Westfalen e.V., die Industrie als „Motor unserer
Wirtschaft“. In NRW seien rund 1,3 Millionen Beschäftigte in diesem Sektor
tätig, in Rheinland-Pfalz etwa 280.000. Im europäischen Vergleich lägen beide
Bundesländer mit dem Anteil der Bruttowertschöpfung der Industrie auf einem
Spitzenplatz. Zudem ging Bauwens-Adenauer auf die aktuellen Herausforderungen
für die Industrie ein – etwa die Entwicklung des Euro-Raums, die Energiewende
und die Infrastruktur.
Einen „Marktplatz für
Ideen“ nannte
Dr. Wolfgang Lerch
,
Vorstand der Stiftung Industrieforschung, den Petersberger Industriedialog und
verwies in seinem Beitrag auf den „Innovationsmarkt“, inzwischen ein fester
Bestandteil des „Petersberger Industriedialogs“. Neun Forschungsteams aus der
Wissenschaft präsentierten ihre Lösungen an Messeständen. Dabei reichte das
Themenspektrum von einer Modellfabrik zur Optimierung der Wertschöpfungskette
über Strategien des Social Media Marketing bis hin zu Projekten zur
Energierückgewinnung aus Abwärme.
Das makroökonomische
Umfeld Mitte 2012: Kann der deutsche industrielle Mittelstand weiterhin mit
Optimismus in die Zukunft gehen ?“ - mit dieser Frage setzte sich
Prof. Dr. Michael Hüther
, Direktor
des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, in seinem Vortrag auseinander.
Hüther betonte die Chancen, die durch den „Megatrend Globalisierung“ für die
deutsche Industrie weiterhin bestehen – etwa durch Fokussierung auf die
wachstumsstarken Regionen der „Emerging Markets“. Herausforderungen sah der
IW-Chef zum einen in der sich vergrößernden Fachkräftelücke im MINT-Bereich
(Ingenieure, Naturwissenschaftler, DV-Fachleute und Techniker), in steigenden
und zunehmend volatilen Rohstoffpreisen und in möglichen
Stromversorgungslücken, die durch Atomausstieg und Alterung der Kraftwerke ab
Mitte dieses Jahrzehnts zu erwarten seien. Mit Blick auf die Krise der
Euro-Zone plädierte Hüther für ein „Hin zu einer verantwortungsvollen
Finanzpolitik“ und gegen Bestrebungen, zu nationalen Währungen zurückzukehren.
Präsentation
zum Download (1,2 MB)
Über die „Kunst, sich als
Familienunternehmen immer wieder neu zu erfinden“, referierte
Ortwin Goldbeck
, Präsident der
Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld und Gründer des
Bauunternehmens Goldbeck GmbH. Dabei erläuterte Goldbeck, wie sein Unternehmen
– anders als mancher Wettbewerber – es durch stetigen und an den Anforderungen
des Marktes orientierten Wandel geschafft hat, über Jahrzehnte hinweg
erfolgreich zu sein. War die damalige Goldbeck KG in den siebziger Jahren noch
als Stahlbauunternehmen aktiv, so erweiterte sich das Tätigkeitsspektrum in den
Achtzigern auf Gebäude aus Stahl und Aluminium. Im folgenden Jahrzehnt
expandierte das Unternehmen mit den drei Säulen „konzipieren, bauen, betreuen“.
Heute bietet die international tätige Goldbeck GmbH ein ganzes Spektrum an
Produkten und Dienstleistungen rund um den Bau an und beschäftigt mehr als
1.600 Mitarbeiter. Stillstand wird es auch in Zukunft nicht geben: So sollen
die Bausysteme unter den Aspekten „Energie und Nachhaltigkeit“ weiterentwickelt
werden.
Präsentation
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Annette Dräbing
von der
Geschäftsleitung der Weberit Werke Dräbing GmbH aus Oberlahr und
Bernd Romahn
, Leiter Forschung und
Entwicklung, erläuterten in ihrem gemeinsamen Vortrag, wie man ein
mittelständisches Familienunternehmen „geschickt durch die Wellen der
Konjunktur manövrieren“ kann. Die Firma ist im Bereich „Kunststoffverarbeitung“
tätig und beliefert Kunden aus Maschinenbau, Automobilindustrie und
erneuerbaren Energien. Weberit ist eingebettet in ein Netzwerk aus Industrie
und Wissenschaft. Als Quintessenz fassten Dräbing und Romahn zusammen: Weberit
besteht am Markt nicht durch Preiskampf, sondern durch Innovation auf Basis
eigener Forschungs- und Entwicklungskompetenz, durch Verfahrensvielfalt und
maßgeschneidertes Verfahrens-Know-how sowie durch definierte
Alleinstellungsmerkmale. „Das“, - so die beiden Referenten, „gibt uns einen
Vorsprung vor Produktpiraten.“ Dennoch seien zur Sicherung des Know-hows
Kooperations- und Geheimhaltungsverträge sowie Schutzrechtsanmeldungen
unumgänglich.
Präsentation
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Wertschöpfungsorientierte,
kundenorientierte Produktion und hohe Produktivität (k)ein Gegensatz ?“ - diese
Frage rückte
Carl Julius Cronenberg
,
Geschäftsführender Gesellschafter Julius Cronenberg Sophienhammer aus Arnsberg
in den Mittelpunkt seines Vortrags. Hier gelte es zunächst - so Cronenberg -
sich strategisch klar zu positionieren: ob das Unternehmen Kostenführerschaft
anstrebe oder sich zur Premiummarke weiterentwickeln wolle. Diese Strategie
müsse konsequent umgesetzt werden nach dem Grundsatz: Kostenoptimierung folgt
Kundennutzen. Dabei sei wichtig, dass die Kostenstruktur zum Geschäftsmodell
passe. Bei Cronenberg bedeute dies, dass in der auftragsbezogenen Fertigung die
Flexibilität Vorrang habe vor Stückkostenminimierung. Ferner müsse es durch
eine Plattformstrategie gelingen, kundenspezifische Merkmale und
standardisierte Konstruktion zusammenzuführen. Bei der Variantenfertigung wolle
das Unternehmen Problemlöser statt Kostenführer sein.
Präsentation
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Dr. Johann Christian Meier
,
Geschäftsführer der SCHÜTZ GmbH & Co. KG aus Selters, widmete sich der
Frage: „Wachstumschancen nutzen und gleichzeitig Risiken abfedern: Geht das ?“
Die Firma bietet zum Beispiel Transportbehälter an, darunter Fässer ebenso wie
den „Intermediate Bulk Container“ (IBC) als Alternative zum Fass. Zu den
Vorteilen des „IBC“ zählen hohes Füllvolumen, Stapelbarkeit und Sicherheit. Die
eindrucksvollen Wachstumserfolge von SCHÜTZ korrespondierten mit einem
offensiven Ausbau der Produktionsstandorte – einschließlich Lizenznehmern –
seit Beginn der neunziger Jahre. Damit erreiche das Unternehmen – wie Meier
erläuterte – zugleich eine höhere Liefersicherheit und sichere sich zugleich
gegen bestimmte Produktionsrisiken ab. Zur Strategie der Abfederung von Risiken
zählten ebenso eine intensive Kundenbindung durch den weltweiten Schütz
Ticket-Service, eine höhere Unabhängigkeit durch einen firmeneigenen Maschinen-
und Werkzeugbau sowie eine höhere Versorgungssicherheit durch einen breiteren
regionalen Einkauf.
Präsentation
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Moderator auch des achten
„Petersberger Industriedialogs“ war
Prof.
Dr. Robert Fieten
, Leiter des Management-Forschungs-Teams Köln,
der auch maßgeblich an der Konzeption der Veranstaltung mitgewirkt hatte.
Ansprechpartner
Raimund Fisch
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